#1

Vorüber

in Ausgezeichnete Lyrik 08.03.2007 16:46
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Vorüber

Als diese Zeit vorüber war
und wir uns nicht mit jedem Blick verschlangen,
blieb noch viel mehr als Freundschaft oder Sympathie,
uns war Berührung mehr als Harmonie
und Zärtlichkeit ersetzte das Verlangen.


Wir sind gemeinsam jahrelang
so viele Wege Hand in Hand gegangen.
Mit einem Blick, der mehr ist als so mancher Kuss,
ertrugen wir das alltagsschwere Muß
und oftmals viele Stunden voller Bangen.


Wir ahnten, aber wußten nicht,
wie schnell läßt sich ein kleines Glück zerschmettern.
Mir fehlt die Hand - nun bin ich einsam unentwegt;
wenn schmerzlich mich Erinnerung durchfegt,
spielt auf dem Hügel Wind mit welken Blättern.


© Joame Plebis
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#2

Vorüber

in Ausgezeichnete Lyrik 09.03.2007 09:23
von Erebus (gelöscht)
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Hallo Joame,

im Reimschema
ABCCB
DEFFE
GHIIH

schildert Dein Gedicht das Vergehen einer Beziehung. Die
Strophen sind untereinander gleichmäßig und in sich aus acht- bis zwölfsilbigen Jamben gebaut.

xXxXxXxX
xXxXxXxXxXx
xXxXxXxXxXxX
xXxXxXxXxX
xXxXxXxXxXx

Die formale Eigenwilligkeit ist nicht Zufall, sonder erzeugt, und nicht uninteressant.

Jedoch kann ich keine inhaltliche, strophenübergreifende Verbindung in der Form festmachen.
Dennoch erzeugt das Versmaß etwas Geborstens, und das passt zum Inhalt.

Das LI nennt drei Stadien einer Beziehung in drei Strophen, wobei es keine klare Zuordnung gibt,
was vielleicht einen zusätzlichen Reiz ausgemacht hätte.
Stadium 1 klingt in S1 bereits als vergangen nach. Leidenschaft und Verlangen münden in Harmonie
und Zärtlichkeit (so formuliert) die jahrelang gelebt wird (S2), Hand in Hand.
Ein Blick bedeutet mehr als ein Kuss. Zweifellos ist hier ein gemeinsames Verstehen,
gemeinsames Geworfensein gemeint, das sich in Blicken spiegelt: dem gegenüber nicht gelebt:
die Zärtlichkeit der Küsse (so von mir interpretiert).

Deshalb klingt mir das Hand-in-Hand weniger nach innerem Miteinander und Zugeneigtsein
und mehr nach technischer Ergänzung und Teamwork.

In S3 beschreibt LyrI den Verlust der Hand als zerschmettertes Glück -
in welcher Hinsicht? - frage ich mich. Ich unterstellte ja eine gewisse Verbrauchtheit.
Nicht Hass, Leidenschaft, Liebe, es ist die Hand, die fehlt. Die jahrelang ergriffen
wurde, anstelle von Küssen.

Trauert das LyrI hier dem Verlust von Geborgenheit, Sicherheit etc.,
dem Verlust eines "eingespielten Teams" nach oder der Liebe ?

So kann ich Deinem Text etwas abgewinnen. Die Bilder, die Du verwendest sind eingängig und oft benutzt.
Ich stelle nicht die Frage nach Neuartigkeit, denn du schriebst bereits, das dich das nicht kümmert.
Die Montierung der Worte bringt mir ebenfalls keine neuen Stimmungen, mal abgesehen vom
Schlussvers, der mir auf Anhieb gut gefiel. Der "Hügel" bringt mir hier etwas, dem ich gar nicht nachsinnen will.
Vielleicht ist es ja das nicht durchdrungene Bild, das mich daraus anspricht

Lieber Gruß

Ulrich.
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#3

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in Ausgezeichnete Lyrik 09.03.2007 14:27
von Knud_Knudsen • Mitglied | 994 Beiträge | 994 Punkte
hi Joame,
ein ansprechender Text. Auch das Reimschema gefällt und erzeugt die entsprechende Stimmung. Zum Gehalt? Na, Du kennnst doch meine Meinung zu Trennungstexten, da solltest Du lieber auf Spezialisten warten, noch besser auf DIE Spezialistin schlechthin.
Dennoch gern gelesen,
Gruss
Knud
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#4

Vorüber

in Ausgezeichnete Lyrik 09.03.2007 14:53
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Danke, lieber Knud!
Niemand möge behaupten, das Meerwasser habe Dich ausgelaugt oder der Wellengang eine Schlagseite verursacht.

Es war mir eine Ehre!
Joame
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#5

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in Ausgezeichnete Lyrik 10.03.2007 01:09
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Guten Tag, Erebus!

Natürlich danke ich auch Dir! Ich hätte es schon vorher sollen,
doch ob der Länge Deines Kommentars plante ich ursprünglich auch eine längere Erklärung,
die nun doch nicht so lange ausfällt.

Zitat:

Wir sind gemeinsam jahrelang
so viele Wege Hand in Hand gegangen.

und
Zitat:

Mir fehlt die Hand - nun bin ich einsam unentwegt;
wenn schmerzlich mich Erinnerung durchfegt,
spielt auf dem Hügel Wind mit welken Blättern.


Es ist kein großes Rätsel, das hier beschrieben wird. Obige beiden Stellen alleine müßten ausreichen, um den Hinweis zu liefern, daß der Tod Schuld trägt. Das steht auch im Zusammenhang mit dem Hügel,
der Dir etwas bringt. - Und Du hast recht, 'die formale Eigenwillgkeit' sie war wirklich kein Zufall.
Deine Frage:
Zitat:

Trauert das LyrI hier dem Verlust von Geborgenheit, Sicherheit etc., dem Verlust eines "eingespielten Teams" nach oder der Liebe ?


Zitat:

Der "Hügel" bringt mir hier etwas, dem ich gar nicht nachsinnen will.



Wenn der Sinn aus dem Geschriebenen nicht erkennbar ist, dann hat der Schreiber offenbar versagt.

Zitat:

Die Montierung der Worte bringt mir ebenfalls keine neuen Stimmungen


Da sieht man wieder, welch schlechter Wortmonteur ich bin, der Dir keine neuen Stimmungen bringen kann.

Mit Gruß
Joame
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#6

Vorüber

in Ausgezeichnete Lyrik 10.03.2007 08:42
von Erebus (gelöscht)
avatar
Hallo Joame.

ich sehe, was ich angerichtet habe, und es tut mir sehr leid, dass ich Deinen Text nicht richtig verstand.
Der Hügel hätte mir Fingerzeig sein müssen, ich nahm ihn als Bild einer herbstlich gefärbten Trauer - als allgemeines Bild.
Mein Mißverständis ist ein offensichtliches. Unter dem neuen Blickwinkel lese ich Dein Gedicht in der Tat anders, vielleicht stimmiger, ich will dennoch nichts Weiteres hinzufügen oder korrigieren.

Ich habe mich einem Problem ausgeliefert, dass mich beschämt, mit dem ich mich beschäftigen muß.
Deine Kränkung als Autor kann ich allerdings insofern nicht nachvollziehen, als Du mit Häme darauf reagierst, wo ein trauriges Mißverständnis vorliegt.

Gruß Ulrich
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#7

Vorüber

in Ausgezeichnete Lyrik 10.03.2007 09:17
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
Joame,

das genieße ich jetzt, weißt du, das genieße ich:
formal erfrischend innovativ aufgemischt,
inhaltlich schlicht überwältigend,
in der Konklusion mit überaus starken Versen gesegnet, die subtil in ihrer Wirkung potenziert werden, indem der strophenübergreifende Reim ("langen" x 4= langen, langen, langen, langen) aufgegeben wurde (das formale Doppel wird nostalgisch gesprengt, ja zerschmettert mit Blättern, mit welken). sehr schön!

Kleinigkeiten:
- in S1Z5 fehlt ein "t" bei ersetzte.

- Z3 muss ich gefühlsmässig gezwungen in den Jambus beugen. auch nach mehrmaligem lesen bleibt mir die Tendenz das "blieb" zu betonen (wahrscheinlich hätte ich das blieb als zweite Silbe verwendet und das "noch" entfernt). falls dies aber wieder nur mich stört, dann sollte es für dich irrelevant sein.

Fazit:
es stellten sich bei mir ein: Gefallen und Begeisterung
und ich habe zu danken
Alcedo

e-Gut
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#8

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in Ausgezeichnete Lyrik 10.03.2007 09:56
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Hallo Erebus!

Schalte doch zurück! Da ist kein Problem, schlimmstenfalls ein meterlanges Reden um ein Nichts.
Kommentare, die man hier einen längeren Zeitraum liest und die Art, färben bewußt oder unbewußt etwas ab.
Manchmal paßt man sich mit Absicht der Art der anderen etwas an, was dann zu der von Dir erwähnten 'Häme' führen kann.

Nemo problemo!
Gruß von Joame
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#9

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in Ausgezeichnete Lyrik 10.03.2007 10:21
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Guten Tag, Alcedo!

Freundlichen Dank, nicht nur für die Anerkennung, auch für das nähere Ansehen und den Zeitaufwand!
Die Sichtweisen sind verschieden, so wie es die Verfassung des Lesers und des Schreibers stets ist.
Selbstverständlich freut man sich, wenn etwas gefällt.
Wobei Begriffe wie 'Freude' und 'Gefallen' sehr relativ sind.
Den Fehler (das ausgelassene T) habe ich sofort korrigiert und muß gleich nochmals für Deine Aufmerksamkeit danken.

Gruß von Joame
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#10

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in Ausgezeichnete Lyrik 30.08.2008 09:55
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
Audiointerpretation gelesen von Alcedo
Melodie ("I feel cold") composed & played by Joame

e-Gut
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