#1

Kigo

in Natur 16.03.2007 13:21
von Albert Lau (gelöscht)
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iú doshita no
ikasama kisétsu
wasurémono

sag mir was das ist
schwindlerische jahreszeit
die man schnell vergisst
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#2

Kigo

in Natur 23.06.2007 13:13
von Arno Boldt | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
Hallo Al.

Mein japanisch ist schon sehr eingerostet, daher kann ich mich - ich hoffe, du verzeihst - nur auf deine deutsche Übersetzung stützen und stürzen.

Ich sehe ein, dass die deutschen Übersetzungen immer einen Großteil der japanisch-lyrischen Kleinform-Kunst nicht übertragen können. Daher bin ich auch kein Freund "deutscher" Versuche.

Hier lese ich die Vergänglichkeit der (Jahres-)Zeit(en) heraus. Was heute ist, ist morgen anders, und übermorgen schon beides wieder vergessen. Es ist vielleicht auch ein Text über die Urbanisierung und die damit einhergehende Zerrüttung und Überanspruchung der menschlichen Wahrnehungsmöglichkeiten. Die Individualisierung wird bei all' der Ablenkung und Überreizung zu einer Einsamkeit einer Hülle. Der Geist hat kein Hier und kein Dort, kein Jetzt und kein Später. Vielleicht ist es aber auch nur ein Gedicht über die Schnelllebigkeit der Gefühle: die Eintagsemotion, verbunden mit einem bestimmten Punkt im Leben - hier mit einer Jahreszeit. Und wenn das eine schwindet, schwindet auch das Andere in einer schwindelerregenden Art und Weise.

Soweit jedenfalls.

BG,
arno.

http://arnoboldt.wordpress.com/
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#3

Kigo

in Natur 17.07.2007 11:38
von Albert Lau (gelöscht)
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Wow, das habe ich ja jetzt erst gesehen, dass der Chef selbst mir die Ehre gab.

In deinem Kommentar führt du aus, was mich an der Eindeutschung dieser japanischen Kunstform stört: Es funktioniert nicht! Unsere Silbensprache verfügt nicht annähernd über die Mehrdeutigkeit japanischer Symbolsprache. Dort sind meist mehrere Lesarten möglich, was u.a. dazu führt, dass die Übertragungen häufig so beliebig und belanglos wirken. Und nun bastelt eine eifrige Fangemeinde an diesen 5-7-5-Konstruktionen, bemüht sich idiotischerweise darum, möglichst keine sprachliche Finesse, also keine Stilmittel zu verwenden und auch ja keine Aussage zu machen, um sich nicht vor ihr Haiku zu stellen, da dieses ja ein Geschenk für den Leser ist. Was dabei herauskommt, ist in fast allen Fällen ein völlig belangloses Blabla, dem man aber natürlich ganze Universen von Bedeutungen zusprechen kann.

Und dann ist der Leser der Künstler und daher ist das für mich ein Blödsinn. Draußen steht ein Baum. Sonne spielt in sattem Grün. Ich bin zuhause. Ja, genau. Es ist doch kein Wunder, dass es sich mittlerweile dabei um die beliebteste Lyrikform des Planeten handelt. Da darf sich dann jeder versuchen, Silben zählen und einen auf dicke Hose machen. Das Prinzip ist einfach: Je weniger ich sage bzw. schreibe, desto höher ist die Assoziations- und Interpretationsmöglichkeit.

Und das sagt dieses Haiku aus und damit ist es keines mehr. Also vergiss es!

DGadE
Albert
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