#1

Für den Arsch

in Gesellschaft 24.03.2007 18:32
von Albert Lau (gelöscht)
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Für den Arsch


Vor Höhenflügen stellte sich die Frage
an dich und deine Antidepressiva:
Liebst du dich selbst genug? Bist du als Diva
ein Zeitvertreib, Objekt berauschter Tage?

Riefst du den Tod in deine Entourage,
ist Leben dadurch deutlich attraktiver,
ein Flirting with Disaster, nur lasziver?
Selbst Gott verkommt der Hybris zur Staffage.

Oft fühlte man sich wohl in deiner Nähe,
lebendig und am Rand der Katastrophe,
als Kindermädchen einer Koryphäe.

Nie spürte man Berufung intensiver,
als Femme Fatale am fabrizierten Hofe,
so traf es dich. Was traf dich je massiver?
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#2

Für den Arsch

in Gesellschaft 24.03.2007 18:53
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hi Lau,

eine interessante Mischung aus moderner Sprache und klassischer Sonettform. Zeigt eindrucksvoll was man in der heutigen deutschen Sprache alles einflechten kann, was Leuten wie mir, die nur einen Duden von 1982 zu Hause stehen haben, und selten Gedichte wirklich moderner Sprache lesen, einigen Respekt abverlangt.

Das Gedicht zeichnet das Bild einer Art Femme Fatal. (Ich gehe jetzt mal der Einfachheit halber davon aus, dass es sich um eine Frau handelt, wobei ich glaube, das ließe sich evtl. auch auf einen entsprechenden Männertyp hin interpretieren). Die Frau zieht ihre Leidenschaft, Lebensenergie und Bestätigung aus einer Art lasziver Attraktivität, schlägt gern über die Stränge, scheint aber im "Normalzustand" in eine tiefe, fast todessehnsüchtige Depression zu verfallen. Das lyr. Ich ist sowohl angezogen als auch abgestoßen von diesem Wesen. Deren Beziehung scheint der Vergangenheit anzugehören. Der Titel verrät schon, dass das Ich auf das Du herabblickt, sich einerseits geneigt fühlt das Du durch die Darlegung der hier gezeigten Sichtweise zu Unterstützen, andererseits sich aber auch bewusst abkehrt.

Um nochmal auf die Sprache einzugehen, so finde ich sie, wie gesagt, interessant, ist mir für das Thema aber fast ein bisschen zu akademisch um das lyr. Ich wirklich in irgendeiner Form von diesem Jammerbild berührt erscheinen zu lassen. Dadurch drückt es eine Herablassung aus, die ich dem Ich nicht ganz abnehme. Eine Spur zu sophisticated für das Thema, wie ich finde.

Trotzdem gerne gelesen.

Viele Grüße,
GW

_____________________________________
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#3

Für den Arsch

in Gesellschaft 24.03.2007 18:58
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Tach Al

Ich sah es sofort und konnte mir nicht wirklich einen Reim darauf machen. Mir schienen einige Vergleiche nicht ganz passend, bis ich dann den Titel nochmals las. Ha! Logo, hier wird über das "Opfer" gesprochen.

Etwas gar viele Fragezeichen für meinen Geschmack, aber mir gefällt die (übliche) Schnoddrigkeit. Wie kamst Du auf die Idee?

Gruss
Margot

Nachtrag: Wie immer muss ich Dich dafür loben, dass es nicht konstruiert wirkt. Ich wünschte, mir würde das mal gelingen!

Die Frau in Rot

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#4

Für den Arsch

in Gesellschaft 24.03.2007 19:55
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Hallo, Guten Abend!

Ob mein spontaner erster Gedanke so richtig war und ich die Verbindung zu den vom CIA neu ins Spiel gebrachte Dokumente herstellen soll, weiß ich nicht.
Doch diese Art, wie Du gelegentlich so die Ganglienelastizität beweist, gefällt mir - zumindest häufig.

Ohne Hintergrundwissen wären dennoch so etliche Abhandlungen von Dir unmöglich, was wieder beweist, Du bist auf dem laufenden.

Interessant voller Kreativität geschrieben und amüsant zu lesen.

Gruß von
Joame
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#5

Für den Arsch

in Gesellschaft 24.03.2007 21:06
von Krabü2 (gelöscht)
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Hi Albert,
eine Hommage an Valerie Solanas - worauf DU alles kommst
I shot Andy Warhol?
Ja, DANN gefällt mir das auch! Ob sie solchen Nachruf geschrieben hätte? Möglich ist alles...

Grüße
Uschi
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#6

Für den Arsch

in Gesellschaft 25.03.2007 09:24
von Albert Lau (gelöscht)
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Hallo GerateWohl,

ich habe mich sehr über deinen Kommentar gefreut, weil er mich glauben lässt, dass das Gedicht funktioniert. Auch wenn ich nicht wissen kann, ob das lyrische Ich so empfunden hat, ziemlich exakt so, wie du es beschrieben hast, wollte ich es darstellen. Das sagt über den Wert auch noch nichts aus, beruhigt mich aber insofern, als ich noch einigermaßen Kontrolle über mein Geschreibsel habe.

Hi Marge,

ja, die Fragezeichen, ich weiß. Ich schrieb letztens erst, dass das eine etwas hohle Nummer ist, lauter Fragen zu stellen, denn dann müsste der Leser die Arbeit leisten, die der Dichter gefälligst tun sollte. Ich meine, die Hassliebe scheint durch.. Ob die Protagonistin nun wirklich so gedacht hat, weiß ich nicht, daher schienen mir rhetorische Fragen das beste Mittel. Mit der Schnoddrigkeit meinst du hoffentlich nur den Titel, mit dem ich allerdings genau so gekämpft habe, wie mit dem ganzen Stück. Am Ende war ich selbst aber mit beidem glücklich.

Hallo Joame,

ich bin offenbar nicht up-to-date, was die Geschichte angeht, denn ich habe keinen Schimmer, wovon du redest. Das mit dem Hintergrundwissen ist ein wichtiger Aspekt, denn dieses Problempotential hat das Gedicht eindeutig. Manchem Leser ging es wie nichts an den Augen vorbei und meine Lieblingsfrage stand denen quer im Gesicht: Was will er mir?

Hallo Uschi,

ich beantworte dir und Margot gern, wie ich darauf kam: Ich hörte „I Believe“ von Lou Reed und zuckte wie jedes Mal bei der Zeile zusammen, dass er den Hebel persönlich umgelegt hätte. Und auch wenn ich nicht dabei war und gar nichts weiß, das erscheint mir viel zu einfach. Mag sein, dass Warhol und auch Reed große Künstler und Solanas nur eine bedauernswerte Irre gewesen ist, aber es gehört schon eine gehörige Portion Zynismus dazu, mit diesen Candy-Darlings zu spielen und, wenn man sie nicht mehr benötigt oder wenn sie zu nerven beginnen, sie wie S.C.U.M. zu behandeln.

Sich dann zu wundern, wenn jemand daran zerbricht und fast dreißig Jahre danach immer noch die Todesstrafe als „retribution“ für angemessen zu bedichten, ist beeindruckend. Schließlich hat Solanas nur ihre 15 Minuten konsequent umgesetzt und ihr Manifest wurde dann auch prompt veröffentlicht. Aber nicht nur für Reed war Warhol ein Heiliger und Solanas nur ein „idiot mind“. Bei Letzterem sind sich fast alle einig. Und das finde ich langweilig, wenn nicht sogar gefährlich. Da kann eine Gegenposition nicht schaden und wenn sie nur in so einem kleinen Tümpel steht.

„I Shot Andy Warhol“? Nein, habe ich bis heute nicht gesehen. Lohnt es sich? Und was bedeutet, "DANN" gefiele es dir auch? Wie fast schon üblich, kann ich mit deinem Kommentar nicht viel anfangen.
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#7

Für den Arsch

in Gesellschaft 25.03.2007 11:15
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Hallo Albert!

Doch du bist schon up to date, was auf mich nicht zutreffen dürfte. Jeder wußte gleich, worum es geht; ich lediglich meinte es zu wissen, weil ich überkombinierte.
Ich erkläre es gerne:
Es schienen für mich einiges zu passen. Nicht nur Höhenflug und Antidepressiva; siehe auch 'psychopathischen Kindermädchens in Versuchung auf 809'. So konstruierte ich die Verbindung zu
Marilyn Monroe, die nach angeblich letzten Erkenntnissen einem Auftragsmord erlegen ist.
Übereinstimmungen zum Trotze, lag ich mit meiner Annahme daneben.

Mit Gruß
Joame
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#8

Für den Arsch

in Gesellschaft 25.03.2007 12:06
von Albert Lau (gelöscht)
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Joame, ich danke dir sehr herzlich. Ich habe den Eindruck, als ob ich gänzlich unintendiert ein wesentlich passenderes Gedicht auf die Liaisons Dangereuses des Kennedy-Clans, als auf Warhol/Solanas geschrieben habe. Gewollt aber habe ich alle allzu direkten Hinweise im Text selbst weggelassen, weil ich trotz des Akrostichons (und vielleicht hat das geholfen ) wollte, dass es übertragbar ist. Nachdem das bei GW und dir funktioniert hat, bin ich um so zufriedener.

Digitale Grüße
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#9

Für den Arsch

in Gesellschaft 25.03.2007 12:11
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Schnoddrigkeit ist vermutlich das falsche Wort. Schwierig zu erklären. Es ist die Wortwahl, die doch zum Teil provokant, herablassend, sarkastisch und zynisch ist und die Missbilligung ganz klar zum Ausdruck bringt.

Die Frau in Rot

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#10

Für den Arsch

in Gesellschaft 25.03.2007 12:17
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Sowas wie Akrostichons blicke ich doch nie.
Aber, wie Du schon sagtest, funktioniert ja auch so.

_____________________________________
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#11

Für den Arsch

in Gesellschaft 25.03.2007 14:02
von Krabü2 (gelöscht)
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Hallo Albert,
ich hab es schlichtweg andersrum gesehen. Als Motiv für ihren Anschlag auf Warhol. Und das fand ich äußerst sympathisch. Deshalb schrieb ich von Hommage an sie. Sie hatte eine beschissene Kindheit, war zwischendrin straffällig, ging auf'n Strich, und dann kommt noch so ein *** (okay, mag man sagen, so läuft es meist...)
Für mich klingt das Gedicht Warhol-feindlich, allein der Gestus macht das für ich aus, es stellt für mich die volle Provokation dar. Und für meine Einstellung als Frau und loyal mit meinesgleichen, hat mir das Gedicht sehr gut gefallen. Ich wunderte mich sogar, dass ein Mann es verfasst hat. Das hatte für mich u.a. auch einen hohen 'sozialen' Wert.
Evtl. verstehst Du mich jetzt besser.
U
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#12

Für den Arsch

in Gesellschaft 26.03.2007 15:16
von Albert Lau (gelöscht)
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Anders herum? Also es ist nicht gerade eine Hommage au Solanas, eher so etwas wie ein Nachruf für Warhol in Sachen Solanas. Allerdings würde ich es nicht als Warhol-feindlich ansehen, im Gegensatz zu Reeds Haltung zu Solanas.

"Dann kommt noch so ein ***"? Es war wohl eher die gute Valerie, die Warhol nachlief und nicht umgekehrt. Warum er sie aber überhaupt so nah an sich heran,sie für ein paar lumpige Dollar in einem Filmchen mitspielen, sich das Theaterskript aufdrängen ließ, nur um es dann angeblich zu verlieren, bleibt dubios. Insofern ist er mindestens mitursächlich für die Eskalation und Reeds Song ziemlich daneben.

Warum das einen hohen sozialen Wert hat, wenn ich das als Mann sage oder schreibe, begreife ich nicht, es sei denn John Lennon hätte noch immer recht, dass "The Woman Is The Nigger Of The World" und ich ein lausiger Rassist. Herzlichen Dank.
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