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#1
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
Konsistenz
in Liebe und Leidenschaft 13.06.2007 13:15von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
Konsistenz
ICH war aus Kalk
Korallenkalk
und bin aufgebrochen worden
schlüpfte als Falk
als Merlinfalk
und suchte im hohen Norden
ICH bin ein Gall
ein Gallwespengall
im Dunkeln nur zu erahnen
ICH werd Kristall
Skorpion aus Kristall
mein Funkeln wird dich ermahnen
ICH war aus Kalk
Korallenkalk
und bin aufgebrochen worden
schlüpfte als Falk
als Merlinfalk
und suchte im hohen Norden
ICH bin ein Gall
ein Gallwespengall
im Dunkeln nur zu erahnen
ICH werd Kristall
Skorpion aus Kristall
mein Funkeln wird dich ermahnen
Hallo Alcedo,
ein interessanter Ansatz. Ein ICH und seine Konsistenzen.
Knapp und bündig in der Verdichtung, so etwas finde ich immer reizvoll.
Dabei verfolgst Du scheinbar ein metrisches Schema, dass jeweils in S1/S2 und S3/S4 ähnlich ist.
Abweichend sind jedoch S1V3 und S2V3.
In den Strophen klingen - nicht durchgehend - verschiedenen Tempora an, und zwar in der Reihenfolge der Strophen 1 bis 4 als Perfekt, Imperfekt, Präsens, Zukunft.
Ein sehr systematisches Entwickeln, jedoch merkwürdigerweise nicht entlang der Evolution.
Denn Du vollziehst eine Entwicklung vom küchensprachlichen Schalentier über den Vogel zum Krustentier, endend im Mineral.
Dieses schlussendliche Kristall in Form eines Skorpions hat etwas Rachedurstiges, Strafendes, explizit "Mahnendes".
Nach meinem Empfinden steht das Bild des Skorpions für etwas Wächterhaftes und Gefahrverheißendes. Das Kristall deutet die Dauerhaftigkeit an - bis in alle Ewigkeit ?
So könnte man die Sicht des LyrI auf sich selbst sehen, wenn es sich auf das Lyrdu bezieht. Zunächst die Befreiung aus der Schale, freies Fliegen, Zurückziehen und Rache ? Die zweite und die letzte Strophe beziehen sich ja auf ein LyrDu, es könnte sich also um eine solche Darstellung oder Eigensicht in einer Beziehung handeln.
In S2V3 wäre, unter obiger Annahme, dann aber das "such" gegen "suchte" zu tauschen. Andernfalls wäre zumindest die störende Elision zu tilgen.
Insgesamt finde ich die Umsetzung nicht überzeugend, allein schon deshalb, weil es so wenig zungengängig ist.
Sprachlich rund ist eigentlich nur S1.
Ich habe das Gefühl Du versuchst absichtlich zu rempeln.
Insbesondere die jeweiligen dritten Verse wollen sich mir nicht recht fügen:
"im Dunkeln nur zu erahnen" - "im Dunkeln nur zu ahnen"
"mein Funkeln wird dich ermahnen" - "mein Funkeln wird dich mahnen"
Die Montage von "Ein Einsiedlerkrebs" finde ich stotterhaft plakativ.
so lese ich das:
XxxX
xXxX
XxXxXxXx
XxxX
xXxX
xXxxXxXx
XxxX
xXxxX
xXxXxxXx
XxxX
xXxxX
xXxXxxXx
Also, wenn dem Gedicht ein ähnliches Konzept zugrunde liegt, fände ich (in aller Altbackenheit) eine sprachlich ausgefeiltere Umsetzung vielversprechend. Und wenn nicht, dann auch.
Lieber Gruß
Ulrich
ein interessanter Ansatz. Ein ICH und seine Konsistenzen.
Knapp und bündig in der Verdichtung, so etwas finde ich immer reizvoll.
Dabei verfolgst Du scheinbar ein metrisches Schema, dass jeweils in S1/S2 und S3/S4 ähnlich ist.
Abweichend sind jedoch S1V3 und S2V3.
In den Strophen klingen - nicht durchgehend - verschiedenen Tempora an, und zwar in der Reihenfolge der Strophen 1 bis 4 als Perfekt, Imperfekt, Präsens, Zukunft.
Ein sehr systematisches Entwickeln, jedoch merkwürdigerweise nicht entlang der Evolution.
Denn Du vollziehst eine Entwicklung vom küchensprachlichen Schalentier über den Vogel zum Krustentier, endend im Mineral.
Dieses schlussendliche Kristall in Form eines Skorpions hat etwas Rachedurstiges, Strafendes, explizit "Mahnendes".
Nach meinem Empfinden steht das Bild des Skorpions für etwas Wächterhaftes und Gefahrverheißendes. Das Kristall deutet die Dauerhaftigkeit an - bis in alle Ewigkeit ?
So könnte man die Sicht des LyrI auf sich selbst sehen, wenn es sich auf das Lyrdu bezieht. Zunächst die Befreiung aus der Schale, freies Fliegen, Zurückziehen und Rache ? Die zweite und die letzte Strophe beziehen sich ja auf ein LyrDu, es könnte sich also um eine solche Darstellung oder Eigensicht in einer Beziehung handeln.
In S2V3 wäre, unter obiger Annahme, dann aber das "such" gegen "suchte" zu tauschen. Andernfalls wäre zumindest die störende Elision zu tilgen.
Insgesamt finde ich die Umsetzung nicht überzeugend, allein schon deshalb, weil es so wenig zungengängig ist.
Sprachlich rund ist eigentlich nur S1.
Ich habe das Gefühl Du versuchst absichtlich zu rempeln.
Insbesondere die jeweiligen dritten Verse wollen sich mir nicht recht fügen:
"im Dunkeln nur zu erahnen" - "im Dunkeln nur zu ahnen"
"mein Funkeln wird dich ermahnen" - "mein Funkeln wird dich mahnen"
Die Montage von "Ein Einsiedlerkrebs" finde ich stotterhaft plakativ.
so lese ich das:
XxxX
xXxX
XxXxXxXx
XxxX
xXxX
xXxxXxXx
XxxX
xXxxX
xXxXxxXx
XxxX
xXxxX
xXxXxxXx
Also, wenn dem Gedicht ein ähnliches Konzept zugrunde liegt, fände ich (in aller Altbackenheit) eine sprachlich ausgefeiltere Umsetzung vielversprechend. Und wenn nicht, dann auch.
Lieber Gruß
Ulrich
#3
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Konsistenz
in Liebe und Leidenschaft 13.06.2007 15:29von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hi Alcedo,
ich kann mich da dem Ulrich nur anschließen.
Die letzten Verse hätte ich mir einheitlicher und fließender gewünscht. Und was mich wie eine Stelle juckt, an der ich nicht kratzen kann, ist der Tempuswechsel in S2V3. Daher konnte ich die Finger nicht davon lassen und wollte Dir wenigstens diesen Vorschlag mitgeben, denn Du natürlich gerne ignorieren kannst. Aber jetzt juckt es halt nicht mehr so stark.
ICH war aus Kalk
Korallenkalk
und ich bin aufgebrochen worden
schlupf als Falk
als Merlinfalk
und suchte dich im hohen Norden
ICH bin ein Krebs
ein Einsiedlerkrebs
in Dunkelheit nur zu erahnen
ICH werd Kristall
Skorpion aus Kristall
mein Funkeln wird dich dann ermahnen
Eine Variation der Satzstellung in den ersten Versen wäre auch vielleicht etwas eleganter gewesen. Ich würde bei selbst bei so einem stringenten Aufbau wie hier mehr versuchen mit der Sprache zu variieren. Dann wirkt es leichter (mal ganz altklug getippt).
Ansonsten muss ich gestehen, dass sich die Symbolik mir wiedermal komplett entzieht. Daher bin ich da nicht ganz so erfolgreich wie Erebus. Trotzdem weckt es mein Interesse.
Grüße,GW
ich kann mich da dem Ulrich nur anschließen.
Die letzten Verse hätte ich mir einheitlicher und fließender gewünscht. Und was mich wie eine Stelle juckt, an der ich nicht kratzen kann, ist der Tempuswechsel in S2V3. Daher konnte ich die Finger nicht davon lassen und wollte Dir wenigstens diesen Vorschlag mitgeben, denn Du natürlich gerne ignorieren kannst. Aber jetzt juckt es halt nicht mehr so stark.
ICH war aus Kalk
Korallenkalk
und ich bin aufgebrochen worden
schlupf als Falk
als Merlinfalk
und suchte dich im hohen Norden
ICH bin ein Krebs
ein Einsiedlerkrebs
in Dunkelheit nur zu erahnen
ICH werd Kristall
Skorpion aus Kristall
mein Funkeln wird dich dann ermahnen
Eine Variation der Satzstellung in den ersten Versen wäre auch vielleicht etwas eleganter gewesen. Ich würde bei selbst bei so einem stringenten Aufbau wie hier mehr versuchen mit der Sprache zu variieren. Dann wirkt es leichter (mal ganz altklug getippt).
Ansonsten muss ich gestehen, dass sich die Symbolik mir wiedermal komplett entzieht. Daher bin ich da nicht ganz so erfolgreich wie Erebus. Trotzdem weckt es mein Interesse.
Grüße,GW
_____________________________________
#4
von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
Konsistenz
in Liebe und Leidenschaft 15.06.2007 10:30von Alcedo • Mitglied | 2.708 Beiträge | 2838 Punkte
Zitat: |
Ursprungsversion vom 13.06.2007 13:15 Uhr: Konsistenz ICH war aus Kalk Korallenkalk und bin aufgebrochen worden schlüpfte als Falk als Merlinfalk und such dich im hohen Norden ICH bin ein Krebs ein Einsiedlerkrebs im Dunkeln nur zu erahnen ICH werd Kristall Skorpion aus Kristall mein Funkeln wird dich ermahnen |
liebe Kommentatoren
vielen Dank für die Ausführlichkeit, für Vorschläge und Fehlersuche.
den doppelt bemängelten Tempusschnitzer in S2Z3 werde ich gleich ausmerzen.
es langt wahrscheinlich auch, wenn das ausdrückliche "Du" nur einmal, in der letzten Zeile erscheint.
das stotterhaft Plakative ein-Ein, gibt mir zu denken. da versuch ich mal was ganz anderes (die Form war sowieso meine Absicht). wird vielleicht zungengängiger (die verschluckte Endung bei den Gallen sollte aber nicht weh tun (da bitte ich um Feedback).
@Erebus:
das Metrum in S1Z3 hätte ich gerne wie in S2Z3 (xXxxXxXx) gehabt, so dass jeweils 2 Strophen kongruent wirken. ansonsten hast du alles wie von mir intendiert wiedergegeben.
@GerateWohl:
deine "suchte"-Zeile habe ich fast genauso übernommen,
danke auch für den Rest
Grüße
Alcedo
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