#1

Labyrinth

in Philosophisches und Grübeleien 15.07.2007 18:54
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Labyrinth

Die Ratte in dem Labyrinth
erschließt sich bald den Weg zum Ziel,
doch nicht, was in der Welt nicht stimmt;
ein Rattenhirn vermag nicht viel.

Es spürt nicht, wie der Raum sich krümmt.
Doch spüren das denn etwa wir?
Was immer unser Kopf entsinnt,
im Spüren schlägt uns meist das Tier.

Den Menschen will ich erstmal sehn,
der diesem Labyrinth entrinnt.
Auch wenn wir das Prinzip verstehn,
so sind auch wir im Dunkeln blind.

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#2

Labyrinth

in Philosophisches und Grübeleien 16.07.2007 18:57
von Erebus (gelöscht)
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Hi GW,

ist das jetzt der Trend, die Gedichte füllhornweise in den Tümpel zu schütten? Der Herr Lau kam ja auch schon reich beladen von seiner Zeitreise zurück - vielleicht wirkt das ja dem sommerlichen Austrocknen entgegen.

Nun wissen wir zwar nicht, ob's der Ratte nicht auch ziemlich dreckig geht, ich meine seelisch -denn nur so macht der Text für mich Sinn.

Ich war nur mal in einem Maisfeldlabyrinth, es war völlig unproblematisch da heraus zu kommen, wenn man nur die Peilung beibehielt.
Aber derartige kolumbische Eiertricks oder alexandrische Knotenhiebe sind halt nicht immer möglich. Dann wäre das Verständnis des Prinzips schon hilfreich. Allerdings muß ich für meinen Teil zugeben, dass ich das Prinzip nicht verstehe. Vielleicht kriege ich ja mal Nachhilfe.

Hier mischt sich das Testlabyrinth der Ratte also zum Seelenlabyrinth des Menschen auf. Kann man zwar nur schlecht vergleichen, dennoch funktioniert der Text. Was die Ratte mit Instinkt macht ist dem Menschen nicht vergönnt, mal abgesehen von Kolumbus und Alexander, es sei denn, er hätte eine Ariadne zur Verfügung.
Ach, ich labere.
Der Text ist inspirierend und sehr flüssig zu lesen. Wenngleich ich eigentlich nicht so recht folgen will, bzw. im Labyrinth verbleibe.

Gruß
Ulrich
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#3

Labyrinth

in Philosophisches und Grübeleien 17.07.2007 10:47
von Albert Lau (gelöscht)
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Hallo GW!

Vom Ansatz her prima, ein hübsch moralelastisches Gedicht. Der Mensch soll sich mal nicht so dicke wähnen, letztendlich sitzt er doch wie eine Testratte im Labyrinth seines Lebens und ungleich dieser verfügt er nur noch über einen verkümmerten Instinkt, der ihn zwar die Krümmung des Raumes, nicht aber den Ausgang finden lässt. Das ist okay und Strophe 1 bereitet das auch köstlich vor.

Doch dann geht die Eierei los, denn wenn niemand spürt, wie der Raum sich krümmt, dann taugt das Bild auch nicht. Wer hätte je behauptet, dass wir das spüren, insofern kann ich mich der Frage in S2Z2 nicht nur sprachlich nicht anschließen. Und entferne mich auch von den folgenden Zeilen, wenn da etwas ent- statt er-sonnen wird und uns das Tier „im Spüren“ schlägt, wo es eben noch die sich hart stoßenden Kanten im Raum nicht spürte.

„Dieses“ Labyrinth in S3Z2 ist viel zu unbestimmt, als dass es einen solchen Artikel vertrüge, da wäre mir das übertragene „seinem“ viel passender erschienen. Egal, denn zum Ende hin wird alles zu einem Brei, in dem wir, Mensch und Ratte, bis über die Ohren sitzen und folglich auch nichts mehr sehen. Wenig überraschend, seltsam vergeben. Das haut so nicht hin. Nicht bei mir.

DGadE
Albert


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#4

Labyrinth

in Philosophisches und Grübeleien 17.07.2007 17:21
von Brotnic2um • Mitglied | 645 Beiträge | 645 Punkte
Tolles Thema. Aber was mir an S1 nicht gefällt, ist das Erschließen des Labyrinths seitens der Ratte. Das klingt so human-rational für mich, so gar nicht nach Erschnüffeln und Instinkt sondern mehr nach Reflektierung des besten Lösungswegs. Für eine Ratte stimmt die Welt. Sie nimmt die Welt immer so wie sie ist, egal wie falsch oder richtig die auch sein mag. Zumindest hat mir noch keine Ratte geschrieben dass es sich anders verhält. Doch:
So ein Rattenhirn vermag nicht viel .
Wie jetzt? Erst hat Freund Ratz die Gabe das Stück Käse oder die Glückseligkeit ohne reflektierenden Verstand erobern zu können und am Ende ist so ein Rattenhirn nicht der Rede wert? Verpasse ich Ironie?

Dem schlicht gestrickten Hirn steht zu Beginn von S2, der menschliche Verstand gegenüber, der was von Raumkrümmung versteht, ohne aber – wie die folgenden Zeilen bekunden – die Erkenntnis, in sinnliche Erfahrung umsetzen kann. Während die Ratte das Käsestück findet, erschließt sich uns der Käse nur in einer nicht sättigenden Formel dergestalt: da müsste der Käse sein und so müsste er sich verhalten, es sei denn es ist etwas ganz anderes.
So weit so gut, aber erwartet hätte ich zum Ausklang von S2 etwas wie: Einsteins Hirn bringt also auch nicht viel.

S3 stellt nun das reflektierende und rationale dem instinktiven, animalischen gegenüber und fragt schlicht, warum kein Weg richtig scheint. Diesen Dualismus sehe ich schon, aber ich finde die Bilder die hierfür stehen – schlichte Ratte im komplizierten Labyrinth hat keine Ahnung von nix, findet aber dennoch den Käse und dem Gegenüber die Unmöglichkeit einer sinnlichen Wahrnehmung des gekrümmten oder gar eines elf dimensionalen Raumes – diese Bilder scheinen mir tauglich, aber sie sind mir von Dir nicht pointiert genug dargebracht worden.
Beispielhaft das Ende: Das ich im Dunklen nichts sehe, tja, irgendwie nicht so überraschend. Vielleicht bin ich zu borniert, aber ich denke da ist mehr drin.
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#5

Labyrinth

in Philosophisches und Grübeleien 19.07.2007 11:40
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hallo Ihr drei,

uha, ihr seid ja echt sehr genau und sehr hart diesmal.
Der Gedanke war natürlich, dass der Mensch sich zwar aufgrund seiner geistigen Kraft gegenüber dem Tier überlegen fühlt, doch die Frage ist worin sich Überlegenheit genau äußert, bzw. wie man sie definiert. Definiert man Überlegenheit in dem Sinne, inwieweit ein Lebewesen in der Lage ist, die sich ihm stellenden Probleme zu lösen, so sieht es evtl. bzgl. der Überlegenheit des Menschen trotz seiner geistigen Fähigkeiten nicht unbedingt in jeder Situation so eindeutig aus. Um das ging es mir, um nichts mehr.

Aber ich sehe ein, dass die Beispiele Labyrinth und Wahrnehung des gekrümmten Raumes nicht unbedingt taugen. Ich gebe auch zu, dass ich in gewisser Weise durch eine Szene aus dem Film "I, Robot" hierzu inspiriert worden bin, wo der Will Smith mit dem Roboter übers Menschsein diskutiert, der Roboter sagt, er habe Gefühle und Träume, und der Polizist, Smith, sagt, "Can you create poetry? Can you create an masterpiece of art?", und der Roboter ihn zurück fragt, "Can you?". Das hat mir schon sehr gefallen.

Naja, und bei mir läuft halt ne Ratte durch so 'nen Labyrinth in einem Versuchslabor und kommt da raus.
Ich weiß, ich jetzt nicht so spektakulär. Naja, war 'nen Versuch.

Danke Euch und viele Grüße,
GW

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