#1

Zum Schluss

in Düsteres und Trübsinniges 04.09.2007 22:16
von roux (gelöscht)
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Zum Schluss



Nein, bitte, gib
mir keinen Kuss.
Füll mir den Mund
mit Stein und Sand,
komm, bette mich zur Ruh.

Berühre mich
jetzt lieber nicht,
mit keiner Hand
und niemals mehr.
Bedecke mich nur gut.

Aus jedem Riss
quillt Bittersalz.
Wasch ab den Duft
von deinem Hals,
dann lösch das Licht.
Nun geh. Vergiss.
Und zieh die Türe zu.


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#2

Zum Schluss

in Düsteres und Trübsinniges 05.09.2007 08:52
von Alexa (gelöscht)
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Hi roux

das klingt aber sehr bitter.
Ich vermutete eine zerbrochene Beziehung- war mir aber doch unsicher weil ich mit dem-komm bette mich zur Ruh und bedecke mich nur gut- nicht wirklich was anfangen konnte.
Um diese zeilen und auch das Bittersalz unterzubringen vermute ich jetzt- hier spricht ein totes lyrisches ich.
Auch wenn ich daneben liege..
diese düstere Stimmung die auch ein Stück weit resigniert klingt, gefällt mir gut.

L.G.
Alexa
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#3

Zum Schluss

in Düsteres und Trübsinniges 05.09.2007 14:21
von Brotnic2um • Mitglied | 645 Beiträge | 645 Punkte
Hallo Roux,

ich habe Dein Gedicht beim ersten Durchgang als Echo auf den Fleck von Erebus empfunden.
Hier spricht als LI nun die tote Frau (klingt bekloppt, aber es würde mir gefallen).
Bittersalz, damit hantiert doch so ein Gartenfreak wie in der genannten Story und verbuddelt hat er sie wohl auch? Darum lese ich die ersten Zeilen: Füll mir den Mund mit Stein und Staub und bedecke mich nur gut , wie die Ankündigung dieser unfreiwilligen Beerdigung.
Aber die Tür am Ende dieses Gedichtes schließt sich - bei dieser Interpretation - dann nicht so gut.

Durch das Bittersalz, das Düngemittel denke ich mittlerweile auch, dass das LD einen zartes Pflänzchen eingetopft und mit Erde bedeckt hätte - und dieses Rührmichnichtan Pflänzchen nun in aller Stille und Abwesenheit dieses Menschen gedeihen will. Haut aber auch nicht so richtig hin.

Obwohl es so scheinbar klar ist -Beziehung in Dutt, LI kaputt - finde ich es doch spannend Hintertürchen zu finden, um es anders zu lesen.




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#4

Zum Schluss

in Düsteres und Trübsinniges 05.09.2007 22:42
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hallo roux

Wir Frauen haben’s mit den Abschieden…. Das sollte uns zu denken geben!

Weshalb ich hier sofort auf eine Frau schliesse, ist das ‚bitte’ in der ersten Zeile. Ich finde, das ist so typisch weiblich. Klare Worte, aber dann doch wieder diese Art fast um Verzeihung für das Nein dafür zu bitten.

Beim ersten Lesen dachte ich zuerst „lediglich“ an einen Abschied zur Nacht. Will heissen, dass sich evtl. eine Frau von ihrem (verheirateten?) Geliebten verabschiedet. Doch dann dieses ‚niemals mehr’ … das ist schon absolut und endgültig. Jedoch schliesst das Geliebten-Thema das ja nicht aus, ne … es wäre dann einfach nicht für die Nacht, sondern für immer.

Und dann wieder das bitten um Wärme, auch wenn es nur eine Decke ist. Der Kleinmädchenwunsch nach Sicherheit… wie früher, als Mama und Papa die Decke noch glatt gestrichen und an den Füssen umgeschlagen haben. Starkes Bild!

Die Risse sind die Narben, Enttäuschungen, falschen Erwartungen, Träume und Illusionen einer Beziehung, die nicht funktionierte. Oder nur auf einer Seite. Bittersalz … tolles Wort!

Und dann der Duft … also doch…Körperlichkeiten. Pha, das ist … ehm … na ja… sagen wir’s mal so, ich kann mich da einfühlen.

So interpretiere ich diese Zeilen und mir gefällt, wie Du das verdichtet hast. Ich hätte evtl. die Zeilenschaltung anders gemacht… nicht ganz so abgehackt, weil es eben – trotz der Bitterkeit – auch ein weiches Gedicht ist. Vor allem das ‚gib’ auf der ersten Zeile stört mich erheblich. *g

Gruss
Margot

Die Frau in Rot

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#5

Zum Schluss

in Düsteres und Trübsinniges 06.09.2007 00:17
von roux (gelöscht)
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@ Alexa:

Du hast schon Recht, es wird etwas zu Grabe getragen, wobei ich es den Interpretationen freistelle, ob es ein Mensch ist, oder die Beziehung zwischen LI und LD.
LI möchte nicht mehr geküsst werden, möchte nicht mehr berührt werden, LD soll lieber LIs Mund mit Sand und Steinen füllen, damit es keine Rufe, kein Umbesinnen mehr geben kann. Nur nicht mehr anfassen, damit nichts mehr aufflackern kann. Dann feste zudecken, gut bedecken, verdecken, verdrängen, den vertrauten Duft vom Hals waschen, alles was war abwaschen, das Licht, die Sicht löschen, fortgehen und die Türe hinter sich zuziehen. Es soll ein Ende haben, für immer, nie wieder aufleben, es muss begraben sein.



@ Brot:

Durchaus auch sehr spannend, deine Interpretation, wenn auch, im Bezug auf Bittersalz nicht so ganz stimmig.

Natürlich habe ich das Wort einerseits verwendet, weil es die intensiven Assoziationen von Tränen, Bitterkeit und Salz auslöst, zum anderen natürlich unterschwellig auch wegen seiner anderen Bedeutung. Nein, nicht die als Düngemittel.

Der alte Spruch: Medizin muss bitter sein, damit sie richtig heilt.

Bittersalz, also Magnesiumsulfat wird (auch heute noch) vor dem Heilfasten angewendet, um den Körper von allen Giften und überschüssigen Schlacken zu befreien, um ihn vollständig von innen heraus zu reinigen. Es ist nicht giftig.

Zu hohe Dosen würden nur zu ... sehr plötzlicher und heftiger Reaktion führen, also nichts für den perfekten Mord, zumal Bittersalz, wie es der Name schon nahelegt, unglaublich bitter ist, so dass man es kaum die Kehle herunterkriegt. Den Geschmack wird man auch mit Süppchen, Kaffee, Tee oder Alkoholika nicht übertünchen können. Sowas muss man schon freiwillig einnehmen, unbemerkt klappt das gar nicht.



@ Margot:

In vielen Punkten kommst du meiner Intention sehr nahe. Ein Abschied, ein endgültiger, etwas wird unwiederbringlich zu Grabe getragen.
LI will LD nicht mehr rufen können, nicht mehr fühlen können, will - ähnlich, wie in deinem Gedicht - nur noch Ruhe, will die Erlösung aus einer unerträglichen Situation. Bezüglich der Risse liegst du vollkommen richtig und auch der Hals, der Duft ... Ja.

Als ich las, dass dir das "gib" nicht gefällt, habe ich kurzfristig überlegt, ob ich lieber ein "schenk" einbaue, aber das würde es nicht treffen, weil es hier dem Kontext nicht entspricht, weil es dann so klingen würde, als würde LI um einen Kuss betteln, um einen bitten, obwohl das Gegenteil der Fall ist. Hier wäre ein Kuss des LD Egoismus, nicht das, was dem LI gut täte. Das "gib" passt schon. Es muss rau und hart, muss willensstark klingen, trotz des offensichtlich angeschlagenen LIs. Es ist eine Willensäußerung, nicht wirklich eine Bitte.

Auch die Zeilenumbrüche, ich kann da nichts ändern. Es muss zerrissen sein. Aus jedem Riss quillt Bittersalz. Jeder Zeilenumbruch ein Riss, das ganze Gedicht eine Wunde, jeder Vers eine Schaufel Erde in das Grab, trotz aller Gefühle, trotz der Schwäche, trotz der weichen Mollmelodie.

Habt vielen Dank, ihr Drei, für eure Auseinandersetzung mit meinem Text und die vielen interessanten Gedankenanregungen.

Liebe Grüße,
Sabine

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#6

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in Düsteres und Trübsinniges 06.09.2007 08:34
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Da hast Du mich falsch verstanden ... oder ich habe mich falsch ausgedrückt ... wähle das Passende.
Nicht das 'gib' als Wort stört mich, sondern dass es (noch) auf der ersten Zeile steht.

Nein, bitte,
gib mir keinen Kuss


... das wäre, mE, logischer. Eine Kleinigkeit, zugegeben, und doch ...

Gruss
Margot

Die Frau in Rot

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#7

Zum Schluss

in Düsteres und Trübsinniges 06.09.2007 09:56
von Krabü2 (gelöscht)
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Stimmt, Roux... achso, hallo erstmal
Margot hat Recht, und ich find, es macht ne Menge an Ästhetik aus, das 'gib' in die nächste Zeile zu setzen. Unbedingt.
Grüße
KB
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#8

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in Düsteres und Trübsinniges 06.09.2007 12:03
von roux (gelöscht)
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Sorry, ihr Lieben, das nun wieder würde das Versmaß zerreißen und an irgendetwas muss sich LI doch festhalten. (Noch mehr Zerreißen wäre mir ein Zuviel dieses Stilmittels, der Satzfluss dadurch ein wenig zu gefällig, der beabsichtigte Eindruck des unterdrückten, kaum hörbaren Atemstockens/Schluchzens, der beim lauten Lesen entsteht, wenn man die Zeile nach dem "gib" bricht ginge verloren.)

Aber ich freue mich sehr, dass ihr euch so intensiv mit meinem Text auseinander gesetzt habt. Habt vielen herzlichen Dank dafür.

Liebe Grüße
roux
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#9

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in Düsteres und Trübsinniges 07.09.2007 09:57
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Ok, dann überzeuge mich mit einer Audio-Datei.

Die Frau in Rot

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#10

Zum Schluss

in Düsteres und Trübsinniges 07.09.2007 18:53
von roux (gelöscht)
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Hm, wenn ihr mir bitte die hörbaren grippalen Reste und technischen Unpässlichkeiten verzeihen wollt...


http://www.keinsound.de/stefanp/zumschluss.mp3
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