Tja, ich weiß gar nicht, wie ich es ausdrücken soll, ohne dass es unhöflich klingt.
Man kann auch aus Paar- und Haufenreim faszinierende und spannende Gedichte konstruieren. Verzeih, wenn ich das mal so uncharmant deutlich sage, aber das ist dir hier nicht gelungen.
Den ersten Vers, incl. Vergangenheitsform, werde ich mal einfach so als gegeben hinnehmen, auch wenn ich mir innovativere erste Sätze zum Thema Liebe und Leidenschaft vorstellen kann.
Schon beim zweiten Vers stört mich das Wörtchen "fest".
Die Liebe hat uns fest getragen.
Fest? Fester Griff? Zusammengequetscht? Wie trägt man etwas fest?
Man lässt es nicht fallen, nicht wahr? Hm. Tut LD ja. Aber LD ist nicht die personifizierte Liebe. Dennoch: Man kann etwas fest halten und sicher tragen. Aber fest tragen?
Vers 3 und 4 werden dann etwas sehr klischeehaft gezimmert, inhaltlich nicht unbedingt schlüssig, es wird nicht mal klar, wer oder was nicht fragt (oder gefragt wird) und klagt, Liebe (was eigentlich ja auch nicht recht wahrscheinlich war), oder LI.
Sie gab Dich mir ohne zu fragen,
sie gab Dir mich ganz ohne Klagen.
Fragen und klagen reimen sich gut aufeinander. Das ist nicht die Frage und da werde ich auch nicht klagen. Nur leider ist das hier ebenso wenig innovativ, wie auch der erste Vers. Es klingt ein wenig so, als wollte jemand ganz unbedingt und dringlich reimen und zudem, als könnte man dann in der nächsten Strophe auch den obligatorischen Herz/Schmerz-Reim erwarten.
In der zweiten Strophe wird aus der Vergangenheitsform S1,V1 nun Gegenwart. Klingt ein wenig ambivalent, kann aber vorkommen.
Hier und jetzt hat es sich LI eben offensichtlich anders überlegt. Erinnert an den Schlagertext (hieß der Typ Matthias Reim?) Ich lieb dich, lieb dich nicht...
Ich erspare es uns mal, in der 2. Strophe auf Einzelheiten einzugehen.
Ich liebe Dich.
Wie konntest Du die Lieb verraten,
die ich Dir gab? Durch Worte und durch Taten
schlugst Du mir Wunden!
Wie soll ich nun gesunden?
Ich liebte Dich, ich liebe Dich.
Komm zurück! Und sei es nur für Stunden!
Da wird das große L-Verb noch dreimal pathetisch geschwungen, für mich - natürlich subjektiv - ein wenig sehr inflationär, zweimal im Präsens, einmal in der Vergangenheitsform, zudem noch einmal als "Lieb", also "endbeschnitten", als Nomen, was das Ganze (für mich) nicht unbedingt nachvollziehbarer macht.
Für mein Empfinden ein bissl dick aufgetragen und vor allem inhaltlich zwar als Statement zu lesen, aber nicht irgendwie begründet, hinterfragt, bewiesen. Warum liebt LI einen Typen (oder eine Frau), obwohl es verraten und mit Worten und Taten verletzt wurde und anscheinend immer noch krankt? Warum, um Himmels Willen, will jemand sich das wieder antun, und sei es auch nur für Stunden?
Joah, zu jung. Der Titel sagt es ja. Jetzt ist es klar. So liest sich auch der Text.
LG, roux