#1

Nun dann

in Diverse 10.09.2007 17:59
von roux (gelöscht)
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Nun dann



Immer noch und in Kaskaden:
die Gedanken, wie sie tropfen,
fallen, drängen, dröhnen, klopfen,
traumvergoren Schädel stopfen,
bis Verklärtes überfließt.

Komm und reich mir Nadel, Faden.
Ich muss mir die Nähte richten.
Hilf mir doch, das Leck zu dichten,
zu sortieren und gewichten,
was da pulsend sich ergießt.

Reparieren wir den Schaden -
etwas spachteln, gipsen, schminken.
Vom Vergessen will ich trinken,
warten, bis die Fluten sinken
und: aus/in mir Neues sprießt.
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#2

Nun dann

in Diverse 11.09.2007 19:14
von Brotnic2um • Mitglied | 645 Beiträge | 645 Punkte

Auf geht’s:

traumvergoren Schädel stopfen,
bis Verklärtes überfließt.

Erst tropft es dann stopft es und schließlich fließt es über und ich steh da und kapiere es nicht. Ich dachte zunächst die Gedanken quellen über, sind stark und mächtig und schwuppdiwupp schon aufs Papier getropft. Aber dann stopft es? Der Schädel ist anscheinend vollgestopft mit Gedanken. OK. Aber wenn etwas stopft dann macht es den Laden doch dicht, oder nicht?
Und warum – und das als letzte Frage zur ersten Strophe – Verklärtes? Die verklärten Gedanken quellen als erstes?

Die Strophe Zwei gefällt mir viel besser und mittels dieser Strophe erklär ich mir dieses Gedicht. Ich helfe – vielleicht damit größeren Schaden anrichtend - jetzt das Übergeflossene zu sortieren und zu gewichten. Das Leck werd ich natürlich nicht mithelfen zu richten, wenn es das Leck ist, was das LI zum dichten braucht. Den Schaden am Schädel tät ich lassen.

Bei Strophe Drei finde ich das aus/in gewöhnungsbedürftig. Das liest sich ganz flockig und dann diese Straßensperre. Aber es zeigt, dass man diesen Schädel flicken kann wie es beliebt, das Vergessen, die Leere ist nur von kurzer Dauer, die nächste Flut nicht weit.

Bis auf die angesprochenen Stellen, gefällt es mir ganz gut. Aber wahrscheinlich habe ich wieder mal das Wichtigste übersehen –
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#3

Nun dann

in Diverse 11.09.2007 19:58
von Simone • Mitglied | 1.674 Beiträge | 1674 Punkte
Hi Sabine

so wirklich kapiere ich es auch nicht.

S1
da hat jemand den Kopf so voll Gedanken, dass er sie nicht fassen kann. es sind einfach zu viele, er kann sie nicht zusammen halten und der Kopf platzt fast.

S2
jetzt versucht er sie zu ordnen und offensichtlich ist schon etwas aufgeplatzt und er bittet um Hilfe um noch was zu retten.

S3
hier wird repariert. aber nur oberflächlich gespachtelt und geschminkt und sich in Vergessen geflüchtet, in dem Wissen, dass doch wieder das gleiche geschieht.

geht es darum, dass man glaubt vor lauter Gedanken irre zu werden, wenn man sie nicht zu fassen bekommt?

das aus/in finde ich auch etwas gewöhnungsbedürftig. aus mir/in mir fände ich etwas gefälliger zu lesen.

das Reimschema gefällt mir, es gibt dem Ganzen irgendwie so was Durchgedrehtes und leicht Panisches. auch sonst gefällt es mir recht gut, obwohl ich nicht dahinter steige.

Lieben Gruß
Simone
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#4

Nun dann

in Diverse 11.09.2007 22:22
von Krabü2 (gelöscht)
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Hallo
Ich les Trauer draus, Trauer, die aus dem Platzen einer Hoffnung passiert, was sich langsam ins Bewusstsein schleicht und dort dann ziemlich tobt. (1. Strophe)
Das lyrI kann den Tränen keinen Einhalt gebieten und sucht nach mechanischen Möglichkeiten, sie 'einzudämmen', fragt um Hilfe, sich oder jemand Anderen. (2. Strophe)
Der Katharsis-Prozess wird angestrebt. Die mechanischen Möglichkeiten ergeben sich wohl aus der vorgreifenden äußerlichen Veränderung wie einem neuen 'Zuhause'(Körper), in dem der Trauerrest (Tränen) verebben kann.
Eine neue Hoffnung wird damit aufgebaut.
Den Titel 'nun dann' empfinde ich ebenso hoffnungsträchtig, anspornend, somit dem Text gut angepasst.
Etwas kompliziert geschrieben..
Grüße
KB
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#5

Nun dann

in Diverse 11.09.2007 23:32
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Guten Tag, roux!

Mit Geschick sind präsentiert,
wohldurchdachte Wortesgaben,
fast mit Charme sind sie garniert
- und dann locker uns serviert.

Gruß
Joame

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#6

Nun dann

in Diverse 15.09.2007 14:26
von roux (gelöscht)
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Hallo, ihr Lieben,

erst einmal herzlichen Dank, dass ihr euch so intensiv mit meinem Text beschäftigt habt.

Ich fange mal unten an...

@ Joame:
Vielen Dank für dein Gedicht, das Lob und den Fast-Charme, den du in meinem siehst. ;-)

@ Kratzbürste:
Eine sehr gute Interpretation, die sehr viele meiner Intentionen aufgreift.

Es geht, wie du schon sehr gut erkannt hast um eine Enttäuschung, den Abschied von einem Traum/einer Beziehung/etwas, das alle Gedanken beherrscht hat. Nun ist der "Schaden" da, die Situation muss akzeptiert werden, ganz gleich, wie sehr Gedanken, Sehnen, Wünschen im Kopf noch überquellen, sachliches Denken verhindern(verstopfen), wie sehr alles Wollen und Empfinden davon noch blockiert wird.

LI läutet Erste-Hilfe-Maßnahmen ein, das Leben muss weitergehen, es wird eine Bestandsaufnahme gemacht und die Schäden/Risse/das Leck erst einmal notdürftig gestopft, geflickt, überschminkt, es wird reine Flickschusterei betrieben, Fassade aufrecht erhalten, damit der "Betrieb" irgendwie weitergehen kann.

@ ninniach:

Liebe Simone,
ich hoffe, mit den obigen Erklärungen ist der Text verständlicher.

Das aus/in hat nicht nur die Funktion, dass beim Lesen automatisch die richtige Betonung entsteht, dass gleichzeitig dargestellt wird, dass etwas aus LI selbst kommen muss, dass etwas in LI keimen, sprießen, sich regenerieren muss, der Slash, der aus dem Schriftbild heraus sticht, ist gleichzeitig eine Art Minigrafik, den Interpretationen frei gegeben, ob man es als Narbe, als Naht, die alles zusammenhält betrachtet, oder als ein sichtbares (Überlauf-)Ventil, eine Klappe, ein Hoffen auf Neues, wenn das Alte erst einmal abgeflossen ist.

Der Schrägstrich darf auffallen, darf das Gesamtbild stören, darf den Blick ruhig auf sich ziehen, wie es eine Narbe in einem Gesicht auch täte.

Zur Reimform:

Ich habe mir einen Kreuzstich vorgestellt, grobe Stiche, wie ihn die Nähte am Kopf eines Frankensteingeschöpfes aufweisen könnten, Flickwerk halt.

Die jeweils ersten Verse jeder Strophe reimen sich aufeinander, entsprechend auch die jew. 5.Verse, was man als grobe Naht, sehen könnte, um die jeweils drei Haufenreimverse, die von dieser Konstruktion umschlungen, umrahmt werden. So zieht sich ein Band(eine Naht) kreuzweise durch das ganze Gedicht, für mich, wie gesagt, ein Bild des Kreuzstiches, mit dem die Häufchen zusammengehalten werden.


@ Brot:

ich glaube, die meisten deiner Fragen haben sich jetzt schon aus dem vorherigen Ausführungen beantwortet. Es sprudelt Enttäuschung, Trauer, Sehnen, Wollen, füllen den ganzen Kopf, blockieren ihn für vernünftige Gedanken, quellen über, in Kaskaden.

Das Verklärte, das was LI sich gewünscht hätte, wovon es träumte, was es erwartet hatte, wonach es sich gesehnt hätte, quillt schäumend (gedanklich) über, muss geklärt werden, muss der Realität weichen.

Der Schaden ist da, muss behoben werden, der Betrieb/das Leben muss weiter gehen, damit irgendwann wieder etwas neues entstehen, den Platz füllen kann, der jetzt grade so "leerblutet", damit irgendwann, wenn alles wieder so weit wieder "betriebsfähig" gemacht ist, ein neuer Anfang gemacht werden kann.

Liebe Grüße,
Sabine
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