#1

Fleischwolf

in Gesellschaft 21.11.2007 14:03
von Pseudonym (gelöscht)
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Fleischwolf


Schwarze Fadenwurmlakritze
schichtet sich von links nach rechts.
Schmecken tut sie nicht so richtig,
hat auch selten wahren Biss.

Viele kleine Ferkel trüffeln
nach der Fäden schwarzem Schmalz,
trachten nach den Zitzen, schnüffeln
bis dann die Lakritze als

schwarze Milch in Ferkelfressen
spritzen. Los, ihr Schweinchen, saugt!
saugt die schwere, schwarze Sauce,
schmatzt, bis euch die Schwarte platzt.

Falls der Fluss versiegt, dann quieken,
dass der Bauer zweimal piekt,
mit der Gabel, wenn der Faden
euch zu schwer im Magen liegt.

Wenn Quartette und Sonette
längst vergessen, nie gekannt;
ist Beethoven Hund gewesen
und die Fadenwurmlakritze?

Einfach Spitze!
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#2

Fleischwolf

in Gesellschaft 21.11.2007 14:32
von Pog Mo Thon (gelöscht)
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Oha, eine Streitschrift gegen moderne Lyrik oder was sich dafür hält. Das hat Schmackes und Biss, klingt wohlgefällig (bis auf Beet-HO-ven) und gleichzeitig aggressiv, reimt sich, reimt sich nicht, reimt sich anders, springt von Zeile zu Zeile und spritzt der Sau die schwarze Milch in die Fresse. Mir gefällt das, aber ich saue auch gerne rum, bin also vielleicht nicht repräsentativ!? Wem es inhaltlich nicht gefällt, mag an den Form- und Sprachenzitzen saugen, den Wortwitz/das Wortspiel genießen, die Doppeldeutig- und Hintersinnigkeiten. Also, gar nicht fad der Faden, im Gegenteil: Einfach Spitze!
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#3

Fleischwolf

in Gesellschaft 21.11.2007 15:07
von Maya (gelöscht)
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Hi!

Insgesamt vermag es mir auch zu gefallen. Die schwarze Milch erinnert mich an die Todesfuge von Paul Celan. S2/Z3 fehlt am Ende ein Komma, glaube ich, da bin ich zuweilen selbst unsicher, aber ich würde wohl eins setzen. In S3/Z2 müsst es „spritzt“ heißen, denn da wird sich ja auf die Lakritze rückbezogen. Das „saugt“ Anfang der 3. Zeile in dieser Strophe würde ich dann großschreiben, denn zuvor folgte ja ein Ausrufezeichen. Ansonsten gefällt es mir sprachlich gut. Inhaltlich bin ich noch nicht sicher, deine Intention erfasst zu haben. Geht es hier tatsächlich nur um eine, wie nizza es formulierte, „Streitschrift gegen moderne Lyrik“? Ich habe jedenfalls den Eindruck, dass da noch mehr hintersteckt, bekomme aber noch keine stringente Interpretation hin.

Gruß, Maya
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#4

Fleischwolf

in Gesellschaft 23.11.2007 13:09
von Erebus (gelöscht)
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Hallo X

verstehe ich das richtig - es geht darum, dass die Fadenwurmlakritze begehrter, gefragter ist als Sonette? Auch Beethoven gerät in Vergessenheit- nur diese merkwürdige Delikatesse ist zeitlos und Spitze?

Mit anderen Worten: vor dem Dichten kommt das Ficken und davor noch die Lakritze - das könnte man ja anders sagen, nämlich direkter, denn diese Lakritze, die via Fadenwurm, Zitzen die Ferkel befriedigt, ist wohl irgendein Sublimat, vermutlich das laienhafte Massenprodukt Lyrik (?)

So schön es ist, in Worten zu suhlen, es sollte doch logisch bleiben, hm, den Fadenwurm sehe ich eindeutig proktologisch behaftet, ich muss an den Äskulapstab denken, Heilmethoden der Ägypter gegen den Schmarotzer im menschlichen Wirt - das führt vemutlich zu weit.
Hier liegt wohl eher das Spiel mit diffusem Ekel zugrunde, d.h. möchte gerne, bei mir tut sich nämlich nichts. Nun wurde aus den Fadenwürmern Lakritze hergestellt, oder die Würmer scheiden Lakritze aus. Die wird hin- und hergeschichtet, spritzt dann verflüssigt aus Zitzen in Ferkelfressen. Wenn der Nachschub versiegt wird der Bauer Abhilfe mit der Forke schaffen - bei der zitzentragenden Muttersau oder den verdauenden Ferkeln?
Nein, mir ist das zu verworren. Mir sind die Ekligkeiten zu vordergründig und der Inhalt ist mir zu pamphlethaft.
Möglicherweise kann man verschiedene Leser ja nur durch Derartiges aktivieren, ich weiß das nicht, bei mir funktioniert das weniger.

Die schwarze Milch wurde ja schon angesprochen. Die wäre in dieser Entstellung für mich bspw. ein Tabu, also ein Berg, den ich in diesem Fall, nur weil ich's kann, nicht bestiege.
Die abschließende Frage ist mir mit Beethoven und Hund nicht wg. der Betonung, sondern in der ganzen Machart zu verquer.
Laß dich nicht erschüttern: mir gefällt's nicht. Meine Meinung.

Gruß
Ulrich
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#5

Fleischwolf

in Gesellschaft 23.11.2007 22:51
von Brotnic2um • Mitglied | 645 Beiträge | 645 Punkte
Hallo Maya, Nizza und Erebus,

dieses Stück Fadenwurmlakritze, die nizza wohl bekommen ist und was mich sehr freute, ist, dass er die Alliterationen mag, ist - hoffentlich - kein Pamphlet gegen moderne Lyrik an sich.

Die Lakritze ist schwarz wie Tinte und sie schichtet sich von links nach rechts in den Fäden der diversen Foren. Und ein bestimmtes Forum hatte ich im Kopf Dieses war es nicht.

Ist dorten jetzt alles süßlicher Schrott? Natürlich nicht. Aber die Feststellung dass es sich hier um ein Pamphlet, eine Streitschrift handelt, die geht nicht fehl, denn so war es entstanden.

Entstanden, weil eine ganz ohne Zweifel begabte Sau keinen Sinn für Ironie und, ja, auch Häme hatte, als ein Trüffelferkel nicht an der abgegebenen Milch satt werden wollte und das auch noch bemerkte.
Darauf grunzte die ausgewachsene Sau es erzeuge keine Schweinerei sondern Kunst und zwar ausschließlich Große sei es, die er verzapfe. Verzeihung: verfasse.
Große Kunst - wie schwarze Milch -, die er aber willig und umsonst, wie selbst ein Discounter es nie tun würde, der Masse wie billige Lakritze in die Fresse spritzt und sich daran delektiert. Das passt nicht. Da tun mir die kleinen Ferkel doch leid, die mit solcherlei Lakritz gemästet werden. Und noch mehr tun sie mir leid, wenn ein eines dieser Mücker kotzen muss und nicht mehr saugen will. Aber ansatt die Sau zu stauchen, sticht der Bauer zur Not auch zweimal zu und macht den Mücker tot.

Es gibt so viele Ferkel, die alles glucksend einschmatzen und sich dieses Zeug auch noch gegenseitig willig in die Hälser kröpfen, selbst wenn es schleimig-fadenwurmartiges ist.

Der Ekel, Erebus, der Dir zurecht aufsteigt, ob des schamlosen verwursten schwarzer Milch und großartiger Reime auf Lakritze - s. R. Gernhardt, Wörtersee und das Beethoven Gedicht - und nicht zuletzt das wahllose wiedergeben der Busch Weisheit, dass eine Gabel zweimal sticht, weil sie zwiefach zugespitzt, diesen Ekel ob dieser Abgeschmacktheit solcher Art Fadenwurmlakritze, bei Dir erzeugt zu haben, werte ich als Kompliment für diesen Text.

Ach ja, Beethoven, na klar, da ist dieses Gedicht von Gernhardt und dieser Film aus Hollywood: Ein Hund namens Beethoven. Also endet mein geliebter Ludwig van irgendwann als Töle.

Aber Maya hat recht, das müsste wohl spritzt und nicht spritzen heißen.

Danke für Eure Auseinandersetzung und Dir Nizza, danke ich außerdem für die Nominierung. Ich fühl mich jetzt wie eine richtige Sau.

Gruß
Brotnic2um
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#6

Fleischwolf

in Gesellschaft 26.11.2007 12:45
von Erebus (gelöscht)
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Hallo Herr Brotnic2um,

jetzt habe ich aber ein blödes Gefühl!
Sag mal, habe ich Dich zu Deinem nominierten Werk inspiriert?
Ich verkehre ja auch dort, im Lyrik Bordell. Und man sagt mir, ich sei begabt. Aber dann auch wieder nicht. Und ich scheide eigentlich keine Lakritze aus. Wenigstens nicht vorne. Bei mir geht es um Zucker am anderen Ende des Traktes. Und in die andere Richtung.
Deshalb hoffe ich, das Gedicht hat nichts mit dem "ehrenwerten Erebus" zu tun. Obwohl..
Also ich, zum Beispiel, bin eine humorlose Sau und ich weiß jetzt noch immer nicht so richtig, was los ist...was Dein Gedicht der Ferkel und Säue etc. aussagt.
Aber angesichts der großartigen Reime (und ich kenne, verflixt noch mal, keinen Deiner Querverweise) auf Lakritze mache ich das jetzt mal so: itze ditze Silberspitze, itze ditze aus!

Gruß
Ulrich
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