#1

Blutschuld

in Düsteres und Trübsinniges 04.01.2008 10:24
von Pog Mo Thon (gelöscht)
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Blutschuld


Als sich die Nebel bald zu Boden legten,
beschien dieselbe Sonne dein Gesicht.
Ich sah ganz klar, doch ich erkannte nicht.

Galt dieser Blick nur mir? Ach Abigail,
auf solchen Meeren will kein Seemann fahren,
in bodenloser See sich offenbaren.
Lass gut sein, Maid, ich bitte dich, und quäl'

uns beide nicht! Auch wenn wir uns erregten,
neigt jeder nur sich selber zu. So schlicht,
so trostlos ist die Welle, wenn sie bricht.

Tobt äußerlich ein Sturm, gilt doch Befehl,
ruft eine Stimme, warnt uns vor Gefahren.
Und ist es nicht auch besser so? Wir waren
tief innen überzeugt, wir gingen fehl.
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#2

Blutschuld

in Düsteres und Trübsinniges 07.01.2008 09:17
von Brotnic2um • Mitglied | 645 Beiträge | 645 Punkte
Abigail – Unstrut? Das Akrostichon schnalle ich nicht wirklich und auch nicht den Inhalt. Das Teil scheint mir bodenlos und will sich mir nicht offenbaren. Sehr wohl gefällt mir die melancholische Stimmung, obgleich ich nicht erklären kann was genau daran.

Wenn sich Nebel legen, verbinde ich dieses Bild häufig damit, dass sich Nebel aus Krieg und Wirrnis legen und der Blick auf das Geschehene klarer wird. Das geschieht hier auch, aber Erkenntnis wird dem LI nicht zuteil. Da haben wir schonmal was gemeinsam.

Jetzt muss ich aber zunächst zum Titel schwenken: Blutschuld. Das kloppt rein und ist natürlich ein eye-catcher aber in Verbindung mit Abigail nicht verkehrt, wenn es die Abigail aus der Bibel ist, die König David davon abhält Rache an Nabal, ihrem Mann, zu nehmen und Blut zu vergießen und sich dadurch vor Gott schuldig machen – so schläute ich mich inzwischen. "Gelobt sei der Herr, der Gott Israels, der dich heute mir entgegengesandt hat! Und gelobt sei deine Klugheit" So entgegnete der Abigail wohl David nachdem er sie angehört hatte. Abigail so lernte ich auch noch ist eine der wenigen Frauenfiguren in der Bibel, die aktiv gestalten. Fein. Legen sich jetzt bei mir die Nebel? Nein.

Welcher Blick ist denn gemeint in S2? Wird hier oder soll hier ein LI durch LD namens Abigail verführt werden oder ist er schon verführt worden? Die wilde Erregtheit von der das LI später spricht, spräche mir dafür.
Und kehre ich wieder zu der Abigail aus der Bibel zurück, so erretet sie David zwar vor Schuld aber nur wenige Tage später stirbt Nabal und David wird ihr Gemahl. Herrjeh, ich befürchte, das LI plagt sich weil er glaubt das LD namens Abigail sei wohlmöglich in ihn verliebt – und er in sie? Das äußerliche Toben, Brausen des Meeres, der Elemente kann das LI nicht in solche Untiefen – Unstrut ??? – ziehen, sondern er klammert sich an einen Befehl wie an einen Mast. Abwer scheinbar war der Schleier der Erregung doch recht heftig gewesen.

Welchen Befehl aber? Das scheint mir nichts anderes als eine Umschreibung für gesellschaftliche oder moralische Konventionen zu sein. Nur scheinbar – um im biblischen Bilde zu bleiben – warnt hier David Abigail davor, sich schuldig zu machen. Aber wer macht sich hier vor wem eigentlich schuldig? Ist die Beziehung denn illegal? Oder will das LI nicht im Rausch der Begierde handeln und eine andere Beziehung schützen? Interessant finde ich den Abschluss : Und ist es nicht auch besser so? Wir waren
tief innen überzeugt, wir gingen fehl.
Vor allem die Frage ist interessant. Wenn es aus tiefer Überzeugung heißt, da läuft was schief, dann stellt sich die Frage doch nicht? Dann ist es besser. Die Frage scheint mir dieser felsenfesten Überzeugung zu widersprechen, was dem Gedicht aber gut tut, denn es bleibt dabei: die Nebel lichten sich, aber klarer sieht man auch nicht.


Nochmal zu Unstrut, dem zweiten Teil des Akrostichons. Erst dachte ich an die Unstrut. Möglicherweise lebt Abigail dort, aber dann ist es keine historische Figur bzw. eine die ich kenne. Unstrut kommt laut Wiki vom germanischen strödu, Sumpfdickicht, her; die Vorsilbe bedeutet eine Steigerungsform wie beispielsweise in „Unwetter“. Da wäre ich wieder in diesem Rausch der Leidenschaften in dem das LI und LD zu versinken drohen und so deute ich das jetzt.
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#3

Blutschuld

in Düsteres und Trübsinniges 09.01.2008 18:42
von Fabian Probst (gelöscht)
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sprachlich und formal sehr ansprechend, doch mir fehlt, wie so oft, das Hintergrundwissen für den Inhalt.

Das Schema ist interessant. Es reißt den Fluss der Reime auseinander, aber warum auch nicht?!

Mir gefällt der Satz: "So schlicht, so trostlos ist die Welle, wenn sie bricht."
Das hat einiges.


Wie gesagt, inhaltlich komme ich nicht dahinter und der Versuch scheitert bei mir am Titel, den ich nicht mit dem Text verbinden kann. Deshalb schlägt auch jeder Interpretationsansatz fehl.

Der Satz "Als sich die Nebel bald zu Boden legten", gefällt mir auch nicht so richtig, weil der Bodenkontakt charakteristisch für den Nebel ist und ihn von der Wolke unterscheidet. Insofern assoziiere ich damit keine Auflösung besagten Nebels, wenn der sich zu Boden legt was wieder mal kleinkariert sein mag, denn mir ist schon klar, was du meinst.
Da es im weiteren Verlauf auch sehr See-bezogen ist, würde ich eine Alternative hier deutlich besser finden (wenn es inhaltlich nicht unabänderlich ist, was ich ja nicht beurteilen kann. Es gibt die Wiederholung von "boden" im ersten Quartett. Vielleicht ist das auch wichtig, aber wenn nicht, vermeidest du selbige).
Z.B.: "Als sich die Nebel bald zur Ruhe legten". Zwar sind Nebel im Allgemeinen nicht gerade laut, aber ich finde gerade das ein gutes Bild, um die innere Unruhe deutlich zu machen. Wenns denn passt.

Gruß, Fabian
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