#1

Im Arbeitsamtfoyer

in Gesellschaft 21.01.2008 10:19
von Marcel_Lange (gelöscht)
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Im Arbeitsamtfoyer

Lex

Der Beton ist weich gesessen,
auf der Treppe vor dem Block.
Man sieht sie sitzen wie besessen,
vom ersten bis zum letzten Stock.

Jugend ist hier schnell passee’,
sie sprintet eine kurze Zeit,
bis ins Arbeitsamtfoyer,
dort wartet schon die Ewigkeit.

Warten wird zum Folterspiel,
und alle Freunde spielen mit.
In der Gesellschaft trinkt man viel,
und wer nicht trinkt hält keinen Schritt.

Aussicht ist hier losgelassen,
verliert sich zwischen Schorn und Stein.
Wo die Hoffnungen verblassen,
um Erinnerung zu sein.

Zu viel Arbeit das macht krank,
Arbeitslosigkeit macht Tote.
Arbeit, Arbeit vielen Dank,
für die hohe Leidensquote.
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#2

Im Arbeitsamtfoyer

in Gesellschaft 31.01.2008 10:35
von Arno Boldt | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
Hallo Marcel_Lange.

Ein Text über Arbeitslose, aber nicht - so stellt es der Text dar - Arbeitssuchende. Zumindest wird hier ein Prozess angedeutet: die Jungen, die noch Feuer in den Adern haben, springen ins Arbeitsamt - die etwas Älteren lungern vor ihren Wohnungen herum. Das alles mündet in der Aussage - ich meine die letzte Strophe - in der die kleine Moralkeule ihre inhaltliche Zusammenfassung erfährt. Doch so ganz werde ich aus ihr (der Strophe) nicht schlau: meinst du, dass Arbeit - egal, ob man welche hat oder nicht - ein Leidpotential mit sich bringt?

Der Text wäre dann darin, aber nicht nur dort, sondern auch in seiner allgemeinen Aussage zu pauschalisierend. Denn erstens mag es viele Menschen geben, die (ich will nicht "Sinn" sagen) Spaß und Erfüllung in ihrer Arbeit sehen. Und zweitens vertrauen nicht alle auf den "Arbeit-Geber" Arbeitsamt - sei es die eine Richtung oder die andere. Eigeninitiative - ist sowohl bei den Jüngeren als auch bei den Älteren kein Fremdwort. Du stülpst einer Gesellschaft eine kleine Gruppe über (vgl. Strophe 3).

Dein Gedicht holpert ab und an. Für einen gesellschaftskritischen Text aber, der zudem mit Witz arbeitet, könnte eine entholperte Fassung sicher mehr Wirkung erzielen. Das betrifft v.a. die Strophen 3 und 4. Aber auch in Strophe 1 würde ich das erste "Der" nicht betonen - das wäre, für mich, zu unnatürlich.

BG,
arno.

http://arnoboldt.wordpress.com/
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#3

Im Arbeitsamtfoyer

in Gesellschaft 31.01.2008 12:16
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Guten Tag, Marcel_Lange!

In erster Linie würde mich das Datum der Entstehung dieses Textes interessieren, da ich ihn bereits kenne und sogar kommentiert habe. Das liegt allerdings so ca. zwei Jahre zurück.

Gruß
Joame
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#4

Im Arbeitsamtfoyer

in Gesellschaft 31.01.2008 20:25
von Arno Boldt | 2.760 Beiträge | 2760 Punkte
Wenn deine Anfrage mit dem Gedanken zu tun hat, es könnte ein Plagiat sein, Joame, so kann ich dir jetzt sagen, dass Marcel_Lange der Urheber des Textes ist.

BG,
arno.

http://arnoboldt.wordpress.com/
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#5

Im Arbeitsamtfoyer

in Gesellschaft 31.01.2008 21:58
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Das Wort Plagiat schrieb ich nicht, obwohl man nicht vorsichtig genug sein kann. Deshalb wollte ich erst nähere Umstände wissen. Nur grüble ich, wo ich ihn das erstemal las diesen Text. Es könnte sogar hier gewesesen sein und er hat mir ganz gut gefallen.

Danke für die Aufmerksamkeit
Joame
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#6

Im Arbeitsamtfoyer

in Gesellschaft 02.02.2008 11:40
von Marcel_Lange (gelöscht)
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Geschrieben hab ich das Gedicht vor ca. 2-3 Jahren und veröffentlicht hab ich es unter anderem im Forum Gedichte.com.
Wahrscheinlich hast Du es dort gelesen.

Mein Gedicht sollte nicht den Anschein machen, als Allgemeinaussage zu stehen. Selbstverständlich beruht dieses Gedicht auf subjektive Beobachtungen, und auch ganz eigene Erfahrungen mit der Thematik Arbeits- und Hoffnungslosigkeit.

Die Gesellschaft ist in sich so unterschiedlich, dass ich auch hätte ein Gedicht im Gegenteil schreiben können und es würde immernoch für ein Subgenre der Gesellschaft zutreffen. Von einer Verallgemeinerung möchte ich mich in all meinen Gedichten distanzieren.

Mit den einzelnen Strophen bin ich durchaus glücklich. Lediglich die Zeile "Arbeitslosigkeit macht Tote" stört mich durch ihre Pauschalisierung. Etwas euphemistischer ginge es auch gern und für Änderungsvorschläge wäre ich äußerst dankbar.
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#7

Im Arbeitsamtfoyer

in Gesellschaft 02.02.2008 16:11
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Hallo Marcel!

Es war 2005, als ich dieses Gedicht von Dir las und abgesehen von 'Kleinigkeiten' es für gut fand.
Ich verteidigte noch den Text, da er jemandem von der Aussage her zu klar war.

Schon damals wies ich auf die vorliegenden Unregelmäßigkeiten hin, die aber dem Werk erhalten blieben.
Ich glaube Dir, daß Du für Änderungsvorschläge vielleicht dankbar wärst; es ginge auch, die Sprechsilben in den Versen zu vereinheitlichen (derzeit: 8798, 7878, 7888, 8987, 7878). Aber wie ich sah, steht es genauso wie vor zwei Jahren. Warum sollte ich mir dann den Kopf zerbrechen, um ein fertiges Resultat abzuliefern, das dann vielleicht gar nicht übernommen wird.

Das Thema ist noch immer ein aktuelles.
Ich hatte gar nicht auf die Details so sehr geachtet, doch eindeutig ist der Artikel am Anfang des Gedichtes an einer Stelle plaziert, die ihn besonders hervorhebt.

Mit Gruß
Joame
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#8

Im Arbeitsamtfoyer

in Gesellschaft 02.02.2008 19:00
von Marcel_Lange (gelöscht)
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Die genannten Änderungsvorschläge leuchten mir nicht ein. Wahrscheinlich liegt es daran, dass es gesprochen in Ordnung ist und nur gelesen eben nicht.

Ich wäre sehr dankbar für einen Änderungsvorschlag in der letzten Strophe.
Hier sehe ich ja, dass etwas nicht so ganz stimmt.
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#9

Im Arbeitsamtfoyer

in Gesellschaft 02.02.2008 20:23
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Guten Tag, Marcel!


Zitat:

Die genannten Änderungsvorschläge leuchten mir nicht ein. Wahrscheinlich liegt es daran, dass es gesprochen in Ordnung ist und nur gelesen eben nicht.


Das scheint mir auch Ansichtssache zu sein. Bei einen Vortrag kann man
sich selbst über Unstimmigkeiten hinweghelfen, ebenso wie durch zu oftmaliges Lesen
Falsches selbstbetört als richtig wirken kann.

Weil wir gerade bei der Wahrheit sind: Vers 3, Zeile 3 soll offensichtlich
'In Gesellschaft trinkt man viel' heissen, der Artikel davor ist in diesem Fall unrichtig
und gehört weg, er würde auf eine bestimmte Gesellschaft hinweisen.
Ich hatte Dir bereits einmal die Hebungen und Senkungen mittels X verdeutlicht,
meinte seinerzeit, Du würdest Konsequenzen daraus ziehen.

A 8 XxXxXxXx.....Der Beton ist weich gesessen,
B 7 XxXxXxX.......auf der Treppe vor dem Block.
A 9 xXxXxXxXx...Man sieht sie sitzen wie besessen,
B 8 xXxXxXxX....vom ersten bis zum letzten Stock.

A 7 XxXxXxX.......Jugend ist hier schnell passee’,
B 8 xXxXxXxX.....sie sprintet eine kurze Zeit,
A 7 XxXxXxX.......bis ins Arbeitsamtfoyer,
B 8 xXxXxXxX.....dort wartet schon die Ewigkeit.

A 7 XxXxXxX......Warten wird zum Folterspiel,
B 8 xXxXxXxX.....und alle Freunde spielen mit.
A 8 xXxXxXxX.....In der Gesellschaft trinkt man viel,
B 8 xXxXxXxX......und wer nicht trinkt hält keinen Schritt.

A 8 XxXxXxXx.....Aussicht ist hier losgelassen,
B 8 xXxXxXxX.....verliert sich zwischen Schorn und Stein.
A 8 XxXxXxXx.....Wo die Hoffnungen verblassen,
B 7 XxXxXxX.......um Erinnerung zu sein.

A 7 XxXxXxX......Zu viel Arbeit das macht krank,
B 8 XxXxXxXx.....Arbeitslosigkeit macht Tote.
A 7 XxXxXxX......Arbeit, Arbeit vielen Dank,
B 8 XxXxXxXx.....für die hohe Leidensquote.

Entgegenkommen und Respekt sind nie fehl am Platze, schon gar nicht dann, wenn ein Gast oder ein vermuteter Neuling nicht erschreckt werden sollen.

Jetzt aber erinnere ich mich, dass Du schon ca. 15 Jahre lang schreibst, das in verschiedensten Foren, also sind Samthandschuhe nicht unbedingt notwendig. Das gilt insbesondere dann, wenn der eigene Standpunkt vehement vertreten wird und daneben eigentlich gar nichts zu gelten scheint.

Ich kann nur freundlich empfehlen, Dir das nun doch schon etwas betagte Werk durchzusehen und notwendige Überarbeitungen vorzunehmen.

Gruß
Joame

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#10

Im Arbeitsamtfoyer

in Gesellschaft 03.02.2008 21:41
von Marcel_Lange (gelöscht)
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Es stimmt ja alles was Du sagst. Es hat seine Richtigkeit in aller Theorie, nur will mir das Gedicht, so wie es ist, quasi nicht schlecht genug erscheinen um bei den genannten Ansätzen eine Änderung vornehmen zu müssen.

Außer der besagte Knackpunkt im letzten Vers :-)
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#11

Im Arbeitsamtfoyer

in Gesellschaft 04.02.2008 01:05
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Schlecht ist es ja nicht, Marcel.

A 7 XxXxXxX......Zu viel Arbeit das macht krank,
B 8 XxXxXxXx.....Arbeitslosigkeit macht Tote.
A 7 XxXxXxX......Arbeit, Arbeit vielen Dank,
B 8 XxXxXxXx.....für die hohe Leidensquote.


(Richtigerweise sollte es hier heissen: zu viel Arbeit, die macht krank [oder Arbeiten, das macht krank])
Alles was zu viel ist kann krank machen, das trifft auch auf Arbeit zu.
Suchst Du einen anderen Reim auf Tote oder willst Du dieses Wort überhaupt weg?

Dich stört vermutlich, daß lt LI Arbeitlosigkeit Tote macht/schafft,
andererseits bedankt es sich, da die Arbeit die Leidensquote birgt.

Im weitesten Sinne macht ja Arbeitslosigkeit Tote - zumindest wenn es gesellschaftlich gemeint ist oder was Lebensfreude anbelangt; wobei auch im eigentlichen Sinn der Tod oft Arbeitslosigkeit als indirekte Ursache hat.

Wenn Du es unfertíg betrachtest, hättest Du es vorerst zwecks Vorschlägen unter Arbeithügel geben können.

Wie gefiele Dir diese eine von unzähligen Möglichkeiten:

Arbeit, was für ein Gedanke,
die macht krank und ist ein Grund,
ablehnend laut Danke sagen,
lieber arbeitslos gesund.


Gruß von Joame
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#12

Im Arbeitsamtfoyer

in Gesellschaft 04.02.2008 09:26
von Don Carvalho • Mitglied | 1.880 Beiträge | 1880 Punkte
Hallo Marcel,

ich kann mich Joames Kritikpunkten was die Metrik angeht nur anschließen. Klar kann man sich jeden Text rundlesen - insbesondere als Autor - und hier fällt das auch nicht besonders schwer, weil die Metrik vorliegend nicht völlig wirr ist, sondern den Leser nur mit diesem nicht nachvollziehbaren Wechsel von Jamben und Trochäen verwirrt. Darunter leidet aber dennoch (und unnötig) das Lesevergnügen, da man immer wieder ins Stolpern gerät.


Zitat:

Marcel_Lange schrieb am 03.02.2008 21:41 Uhr:
Es hat seine Richtigkeit in aller Theorie, nur will mir das Gedicht, so wie es ist, quasi nicht schlecht genug erscheinen um bei den genannten Ansätzen eine Änderung vornehmen zu müssen.


Hm, diesen Ansatz finde ich seltsam, besagt er doch, dass Du schon zufrieden bist und von der Textarbeit Abstand nimmst, wenn ein Gedicht nicht so schlecht ist - aber nicht das Ziel hast (und dem Gedicht die Chance gibst), es besser werden zu lassen.

Vornehmlich aus zwei Gründen halte ich eine Überarbeitung für sinnvoll:
1. gehört es für mich zu einer gelungenen Textpräsentation, wenn ich die Lesbarkeit und den Zugang zu einem Gedicht erhöhe, indem ich für den Erstleser möglichst keine Stolpersteine einbaue. Ein Gedicht leidet für mich, wenn ich mich durchkämpfen muss und es einem nicht von der Zunge fließt, was sich negativ auf den Gesamteindruck auswirkt. Idealerweise möchte man als Leser das metrische Grundgerüst doch gar nicht bemerken (müssen), sondern durch den Text getragen werden und sich so vollends auf den Inhalt konzentrieren können.

2. treiben einen die Trochäen in den ersten beiden Zeilen der ersten Strophe des Gedichtes nach vorne, was zum Inhalt durchaus passt. Durch das jambische Versmaß in den beiden folgenden Zeilen nimmst Du aber ohne Not und inhaltliche Begründung wieder das Tempo raus. Das wiederholt sich durch fast alle Strophen.

Ich habe einfach mal zur Verdeutlichung ein paar Dinge umgestellt oder anders formuliert und so alles auf Trochäus getrimmt (bis auf die letzte Zeile, die metrisch sauber ist, auch wenn Du inhaltlich nicht mit ihr zufrieden bist;:

Harter Stein ist weich gesessen
auf der Treppe vor dem Block.
Und sie sitzen wie besessen
überall in jedem Stock.

Jugend ist hier schnell passee’,
stürmte allzu kurze Zeit,
doch im Arbeitsamtfoyer
lauert schon die Ewigkeit.

Warten wird zum Folterspiel,
alle Freunde spielen mit.
In Gesellschaft trinkt man viel,
wer nicht trinkt hält keinen Schritt.

Aussicht ist hier losgelassen,
schwindet zwischen Schorn und Stein.
Wo die Hoffnungen verblassen,
um Erinnerung zu sein.


Um den Einstieg zu erleichtern habe ich auch den Artikel in Z. 1 gekickt, Arno hat da - wie ich finde - nicht unrecht, auch wenn man einsilbige Worte natürlich unproblematisch auch betonen kann. Unabhängig finde ich so den Gegensatz zwischen hart/ weich ganz passend (und erinnert an das Sprichwort "steter Tropfen..."). Die Wiederholung des Wartens Ende der zweiten und Anfang der dritten Strophe empfand ich auch etwas unglücklich. Das sind aber natürlich alles nur Anregungen.

Gesellschaftliche Problemfelder zu thematisieren finde ich übrigens gut. Die Zwischentöne mögen hier ein wenig fehlen, es spricht aber nichts dagegen, in diesem Bereich auch eine klare Aussage zu treffen. Die conclusio, dass Arbeit eine Leidquelle sein kann, sowohl wenn man welche hat und sich "totschuftet" als auch wenn man arbeitslos ist und damit nicht klarkommt, finde ich gar nicht schlecht - wobei ich dieses Ergebnis eher als augenzwinkerndes Resume und weniger als gesellschaftlich differenzierte Diagnose verstehe.

Etwas platt in seiner Verallgemeinerung finde ich die eingebaute Alkoholproblematik sowie die von Dir selbst angesprochene 2. Zeile der letzten Strophe.

Grüße,

Don

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