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#1
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Alles neu macht das Ei
in Humor und Fröhliches 07.02.2008 18:20von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Alles neu macht das Ei
Vieles lief schief
und rollte vom Tisch.
Wir fischen von oben am Boden
nach gestern und vorgestern,
doch die Ollen rollen
einfach weg.
Oben stehen noch die
unrunden Kunden,
schwerfällig,
grantig,
von wellig
bis kantig.
Wir rühren uns bleiern
und raffen uns auf.
Durch langes Begreifen schleifen
wir Würfel zu Eiern
und setzen uns drauf
und hoffen
in dem bemühten Brüten,
dass wir auf ihnen reifen
und wieder,
statt einsam nieder
vom Tisch zu hüpfen,
schlüpfen.
Vieles lief schief
und rollte vom Tisch.
Wir fischen von oben am Boden
nach gestern und vorgestern,
doch die Ollen rollen
einfach weg.
Oben stehen noch die
unrunden Kunden,
schwerfällig,
grantig,
von wellig
bis kantig.
Wir rühren uns bleiern
und raffen uns auf.
Durch langes Begreifen schleifen
wir Würfel zu Eiern
und setzen uns drauf
und hoffen
in dem bemühten Brüten,
dass wir auf ihnen reifen
und wieder,
statt einsam nieder
vom Tisch zu hüpfen,
schlüpfen.
_____________________________________
Hi GW!
Schade, dass dieses Gedicht unkommentiert vom Tisch gekullert ist, denn ich finde es sehr interessant und auch sehr innovativ umgesetzt. Der Klang und die Wortspiele sind einfach geil, doch fände ich es noch geiler, wenn ich sicher sein könnte, den Inhalt im intendierten Sinne verstanden zu haben. Ich wollte mir gar nicht die Blöße geben und wartete die ganze Zeit auf einen hellsichtigen Kommentatoren, der mich erleuchtet, der aber nicht kam. Also stelle ich mich mal in die Sonne und versuche das Ding inhaltlich zu begreifen, was mir meist am besten gelingt, wenn ich deine Worte aufgreife und dazu etwas schreibe. Hach, ich bin heute irgendwie so philoschwofisch drauf.
Vieles lief schief
und rollte vom Tisch.
Wir fischen von oben am Boden
nach gestern und vorgestern,
doch die Ollen rollen
einfach weg.
Das Gedicht dreht sich gleichermaßen um die x- und y-Achse, denn einerseits steht die Zeit im Mittelpunkt des Geschehens, wenn der Autor sich um das Gestern, Heute und Morgen dreht (x-Achse: links --> rechts), zum anderen der zurückgelegte Weg des Ei’s im Raum (oben, unten). Quantität (Tage, Brutzeit) versus Qualität (Ergebnis: Was wird aus dem Ei schlüpfen?).
In S1 ist davon die Rede, dass in der Vergangenheit viele Dinge schief liefen. Entweder ist mit dieser schiefen Bahn lediglich die Ebene angesprochen, auf der die Eier dann vom Präsens in die Vergangenheit rollen (ich erkläre das später noch) oder mit dem Schiefen sind Sachen gemeint, die nicht zukunftsträchtig waren. Vielleicht hat man falsche (berufliche) Wege eingeschlagen, die letztlich aber nichts brachten. Diese Vergangenheits-Eier waren faul, sie taugten nicht für die Zukunft, rollten dann einfach weg.
„Wir fischen von oben“ weist darauf hin, dass sich die Protagonisten nicht mehr auf gleicher Höhe mit den alten, am Boden liegenden Eiern (Tagen) befinden. Das ist logisch, der zeitliche Abstand manifestiert sich zugleich räumlich. Die Prots stehen über den alten Dingen. Warum sie allerdings überhaupt noch nach den „Ollen“ fischen, ist mir nicht ganz klar. Soll damit ausgesagt werden, dass man auch die „Umwege“ nicht verteufeln soll, weil man oftmals gerade über Ecken und Kanten zum runden Ziel kommt? Oder nur, dass man sich gerne auch an das Gestern erinnert, welches doch aber nicht mehr greifbar im Sinne eines erneuten Erlebens ist?
Oben stehen noch die
unrunden Kunden,
schwerfällig,
grantig,
von wellig
bis kantig.
Oben (d.h. in der Zukunft) stehen noch die unrunden Kunden, also jene Tage, die noch kein Gesicht haben, denn man weiß ja nicht, was morgen kommt. Die kantigen Züge heben sich erst im Präsens auf, ein Tag wird im Verlaufe immer runder, bis er zu Ende ist. Dann ist er ein rundes Ei und rollt vom Tisch, denn er ist Vergangenheit und sozusagen gegessen.
Wir rühren uns bleiern
und raffen uns auf.
Durch langes Begreifen schleifen
wir Würfel zu Eiern
und setzen uns drauf
und hoffen
in dem bemühten Brüten,
dass wir auf ihnen reifen
und wieder,
statt einsam nieder
vom Tisch zu hüpfen,
schlüpfen.
In der letzten Strophe kommt das Bemühen zum Ausdruck, jeden Tag von vorne zu beginnen, jeden Würfel des Schicksals neu zu schleifen, neu in Angriff zu nehmen, bis der Tag sich dem Ende neigt und langsam die Kanten verliert. Der Mensch reift auf diesen Eiern, wird älter und hoffentlich auch weiser. Man hofft, dass dieses Eierbrüten etwas bringt, was nicht in Einsamkeit, sondern in Freude (vor Freude hüpfen) endet, eine gemeinsame Zukunft daraus schlüpft. Man könnte es auch als Liebesgedicht lesen – und am Ende schlüpfen Kinder.
Mir gefällt das jedenfalls so gut, dass mich die wahre Intention schon interessieren würde.
Gruß, Maya
Schade, dass dieses Gedicht unkommentiert vom Tisch gekullert ist, denn ich finde es sehr interessant und auch sehr innovativ umgesetzt. Der Klang und die Wortspiele sind einfach geil, doch fände ich es noch geiler, wenn ich sicher sein könnte, den Inhalt im intendierten Sinne verstanden zu haben. Ich wollte mir gar nicht die Blöße geben und wartete die ganze Zeit auf einen hellsichtigen Kommentatoren, der mich erleuchtet, der aber nicht kam. Also stelle ich mich mal in die Sonne und versuche das Ding inhaltlich zu begreifen, was mir meist am besten gelingt, wenn ich deine Worte aufgreife und dazu etwas schreibe. Hach, ich bin heute irgendwie so philoschwofisch drauf.
Vieles lief schief
und rollte vom Tisch.
Wir fischen von oben am Boden
nach gestern und vorgestern,
doch die Ollen rollen
einfach weg.
Das Gedicht dreht sich gleichermaßen um die x- und y-Achse, denn einerseits steht die Zeit im Mittelpunkt des Geschehens, wenn der Autor sich um das Gestern, Heute und Morgen dreht (x-Achse: links --> rechts), zum anderen der zurückgelegte Weg des Ei’s im Raum (oben, unten). Quantität (Tage, Brutzeit) versus Qualität (Ergebnis: Was wird aus dem Ei schlüpfen?).
In S1 ist davon die Rede, dass in der Vergangenheit viele Dinge schief liefen. Entweder ist mit dieser schiefen Bahn lediglich die Ebene angesprochen, auf der die Eier dann vom Präsens in die Vergangenheit rollen (ich erkläre das später noch) oder mit dem Schiefen sind Sachen gemeint, die nicht zukunftsträchtig waren. Vielleicht hat man falsche (berufliche) Wege eingeschlagen, die letztlich aber nichts brachten. Diese Vergangenheits-Eier waren faul, sie taugten nicht für die Zukunft, rollten dann einfach weg.
„Wir fischen von oben“ weist darauf hin, dass sich die Protagonisten nicht mehr auf gleicher Höhe mit den alten, am Boden liegenden Eiern (Tagen) befinden. Das ist logisch, der zeitliche Abstand manifestiert sich zugleich räumlich. Die Prots stehen über den alten Dingen. Warum sie allerdings überhaupt noch nach den „Ollen“ fischen, ist mir nicht ganz klar. Soll damit ausgesagt werden, dass man auch die „Umwege“ nicht verteufeln soll, weil man oftmals gerade über Ecken und Kanten zum runden Ziel kommt? Oder nur, dass man sich gerne auch an das Gestern erinnert, welches doch aber nicht mehr greifbar im Sinne eines erneuten Erlebens ist?
Oben stehen noch die
unrunden Kunden,
schwerfällig,
grantig,
von wellig
bis kantig.
Oben (d.h. in der Zukunft) stehen noch die unrunden Kunden, also jene Tage, die noch kein Gesicht haben, denn man weiß ja nicht, was morgen kommt. Die kantigen Züge heben sich erst im Präsens auf, ein Tag wird im Verlaufe immer runder, bis er zu Ende ist. Dann ist er ein rundes Ei und rollt vom Tisch, denn er ist Vergangenheit und sozusagen gegessen.
Wir rühren uns bleiern
und raffen uns auf.
Durch langes Begreifen schleifen
wir Würfel zu Eiern
und setzen uns drauf
und hoffen
in dem bemühten Brüten,
dass wir auf ihnen reifen
und wieder,
statt einsam nieder
vom Tisch zu hüpfen,
schlüpfen.
In der letzten Strophe kommt das Bemühen zum Ausdruck, jeden Tag von vorne zu beginnen, jeden Würfel des Schicksals neu zu schleifen, neu in Angriff zu nehmen, bis der Tag sich dem Ende neigt und langsam die Kanten verliert. Der Mensch reift auf diesen Eiern, wird älter und hoffentlich auch weiser. Man hofft, dass dieses Eierbrüten etwas bringt, was nicht in Einsamkeit, sondern in Freude (vor Freude hüpfen) endet, eine gemeinsame Zukunft daraus schlüpft. Man könnte es auch als Liebesgedicht lesen – und am Ende schlüpfen Kinder.
Mir gefällt das jedenfalls so gut, dass mich die wahre Intention schon interessieren würde.
Gruß, Maya
#3
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Alles neu macht das Ei
in Humor und Fröhliches 18.02.2008 12:42von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hallo Maya,
da will ich mal nicht hintenan stehen.
Danke für Deinen Kommentar.
Ja, wie so oft bei mir war der Ausgangspunkt die Sicht auf eine Beziehung, wobei das, denke ich, im Prinzip übertragbar ist.
Ja, da lief einiges schief und ging verloren (rollte vom Tisch). Durch das Vom-Tisch-Fallen wollte ich zeigen, dass sozusagen etwas geschehen ist, das irreversibel ist. Die Dinger sind runter gefallen und nicht mehr erreichbar. Natürlich gingen erst die runden, einfachen und griffigen Dinge verlustig. Die Dinge, die unrund sind und von vorn herein nach problematischer Handhabung und Arbeit aussehen, wurden zunächst im ersten vergangenen Akt gar nicht beachtet und stehen gelassen. Nun sind sie aber alles was geblieben ist. Durch die Beschäftigung mit ihnen erweisen sie sich aber nun als durchaus formbar.
Ich fand die Gedankenkette sehr schön: Unrunde sperrige Dinge rund, also angenehm und greifbar machen und das Ergebnis quasi als Samen bzw. Eier eines möglichen Neuanfangs ausbrüten. Denn man kann nicht einfach da weitermachen, wo man beim Verlust des alten aufhörte. Es ist eine Art Metamorphose oder Verpuppung notwendig. Hier in Form des Ausbrütens und somit sich würdig erweisens. Geduld und Fürsorge ist erforderlich, die die im ersten Anlauf vom Tisch gerollten Dinge nicht benötigten, denn die waren einfach da. Die Brütenden sind hier in gewisser Weise die Brut selbst, denn durch die Sorge für die Brut reifen sie selbst heran und schlüpfen quasi selbst. Dass die Brut auch die Assoziation einer höheren Verantwortung in sich trägt tut da ein übriges. Da können wirklich Kinder im Spiel sein, müssen aber nicht. Es geht mehr um die neue innere Haltung.
Die Alternative wäre Aufgeben und wie die anderen verlorenen Dinge vom Tisch hüpfen und ebenso verloren gehen und der Vergangenheit anheim fallen. Die Wahl besteht natürlich bis zum Schluss.
Ich hoffe, das hilft Dir weiter.
Viele Grüße,
GW
da will ich mal nicht hintenan stehen.
Danke für Deinen Kommentar.
Ja, wie so oft bei mir war der Ausgangspunkt die Sicht auf eine Beziehung, wobei das, denke ich, im Prinzip übertragbar ist.
Ja, da lief einiges schief und ging verloren (rollte vom Tisch). Durch das Vom-Tisch-Fallen wollte ich zeigen, dass sozusagen etwas geschehen ist, das irreversibel ist. Die Dinger sind runter gefallen und nicht mehr erreichbar. Natürlich gingen erst die runden, einfachen und griffigen Dinge verlustig. Die Dinge, die unrund sind und von vorn herein nach problematischer Handhabung und Arbeit aussehen, wurden zunächst im ersten vergangenen Akt gar nicht beachtet und stehen gelassen. Nun sind sie aber alles was geblieben ist. Durch die Beschäftigung mit ihnen erweisen sie sich aber nun als durchaus formbar.
Ich fand die Gedankenkette sehr schön: Unrunde sperrige Dinge rund, also angenehm und greifbar machen und das Ergebnis quasi als Samen bzw. Eier eines möglichen Neuanfangs ausbrüten. Denn man kann nicht einfach da weitermachen, wo man beim Verlust des alten aufhörte. Es ist eine Art Metamorphose oder Verpuppung notwendig. Hier in Form des Ausbrütens und somit sich würdig erweisens. Geduld und Fürsorge ist erforderlich, die die im ersten Anlauf vom Tisch gerollten Dinge nicht benötigten, denn die waren einfach da. Die Brütenden sind hier in gewisser Weise die Brut selbst, denn durch die Sorge für die Brut reifen sie selbst heran und schlüpfen quasi selbst. Dass die Brut auch die Assoziation einer höheren Verantwortung in sich trägt tut da ein übriges. Da können wirklich Kinder im Spiel sein, müssen aber nicht. Es geht mehr um die neue innere Haltung.
Die Alternative wäre Aufgeben und wie die anderen verlorenen Dinge vom Tisch hüpfen und ebenso verloren gehen und der Vergangenheit anheim fallen. Die Wahl besteht natürlich bis zum Schluss.
Ich hoffe, das hilft Dir weiter.
Viele Grüße,
GW
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