#1

Schatzsuche

in Diverse 14.02.2008 14:52
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte


    Schatzsuche


    Dein Wunsch war stets, den Horizont zu heben,
    doch als du dort warst, fandest du nur Sand
    und einen Koffer voll banalem Tand,
    nebst einer Stadt, gedrängt mit toten Leben.

    Du schriebst dich ein ins Buch der Pharisäer,
    und deine Suche fiel an jenem Tag.
    Doch wenn der Mond über den Häusern lag,
    umfing dich Apathie. Und stetig zäher

    und müder wurden deine halben Stunden.
    Vom einst Erhofften blieb die Ahnung;
    der Sehkreis starb noch in der Planung:
    Du hast erbeutet, aber nichts gefunden.



    © Margot S. Baumann / 2008

Die Frau in Rot

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#2

Schatzsuche

in Diverse 17.02.2008 12:27
von Simone • Mitglied | 1.674 Beiträge | 1674 Punkte
Hi Margot

ich bin ziemlich lange am Titel hängen geblieben, der, für deine Verhältnisse, auf den ersten Blick irgendwie recht einfallslos und banal erscheint. allerdings dann ja auch wieder wunderbar zum LD passt.
am Anfang steht die Suche, doch man gibt sich zu schnell mit dem Zufrieden was am einfachsten zu erreichen ist. macht sich selbst etwas vor und nimmt den leichten Weg, anstatt weiter zu suchen. gibt schon auf, bevor man eigentlich wirklich angefangen hat.
besonders gefallen mir die „halben Stunden“ so genau warum, weiß ich aber auch nicht. ein bisschen im Sinne von, ein halbes Leben führen, unvollständig, oder die andere Hälfte verschenkt zu haben.
das Ganze kommt auch ein bisschen ironisch bei mir an. so nach dem Motto: das hast du nun davon, hättest dir ja mehr Mühe geben können, selber Schuld.
was mir an deinen Texten immer besonders gefällt, und das ist auch hier wieder so, ist, dass du dem Leser immer viel Platz lässt für eigene Gedanken.
rein sprachlich stört mich das „dann“ in S2 V4. das ist eigentlich überflüssig, und scheint nur dafür da zu sein die X-e anzupassen.

Gruß
Simone

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#3

Schatzsuche

in Diverse 17.02.2008 13:31
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Guten Tag, Margot!

Diesmal hast Du ein Thema gewählt, wo es wirklich darauf ankommt, wer es liest und wie sensibel seine Betroffenheitsschwelle ist. Es mag auf unzählige Gebiete anwendbar sein. Was aber liegt hier näher als das Thema der Kreativität und des Schreibens - und es könnte ebensogut auf eine Person gemünzt sein, die es betroffen hinnimmt als einen Wink mit dem Zaunpfahl; ihm aber nichts entgegenzusetzen hat.

Gruß
Joame
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#4

Schatzsuche

in Diverse 17.02.2008 13:48
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hi Leute

@ Simone
Freut mich, wenn es Dir gefällt. Und für den Fingerdruck auf die Stelle, die mir am schwersten fiel.
Ja, ich muss das zugeben, das 'dann' ist dem Metrum geschuldet. Asche auf mein Haupt! Und es klingt auch wirklich etwas blöd ... habe jetzt versucht, diese Stelle ein wenig eleganter zu schreiben. Wobei ich mit dem 'denn' auch nicht wirklich warm werde, aber da kam mir (noch) nichts besseres in den Sinn. Danke für den Schubs und natürlich für das Lob.

@Joame
Ich konnte mich nicht recht entscheiden, wohin ich den Text stellen sollte. Vielleicht gerade aus dem Grund, den Du ansprichst. In der Rubrik 'Liebe' hätte man ihn auf eine Beziehung gemünzt; im 'Philosophischen' vermutlich auf das Leben an sich... usw. Deshalb steht er jetzt im 'Diversen' und so bleibt die Deutung offen. Das ist auch das Schöne an Lyrik, nicht? Jeder kann sie so interpretieren, wie sie für ihn stimmig ist.

Besten Dank für die Rückmeldungen.

Grüsse
Margot

Ursprüngliche 2. Strophe:

Du schriebst dich ein ins Buch der Pharisäer,
und deine Suche fiel an jenem Tag.
Doch wenn der Mond über den Häusern lag,
dann kam die Apathie. Denn stetig zäher



Die Frau in Rot

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#5

Schatzsuche

in Diverse 17.02.2008 16:39
von Maya (gelöscht)
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Hallöchen!

Nun war ich schon öfter hier. Als ich den Text zum ersten Mal las, hielt sich meine Begeisterung in engen Grenzen, auch nach dem zweiten und dritten Lesen. Auch jetzt bin ich noch nicht wirklich überzeugt, doch gefällt mir das Gedicht schon wesentlich besser. Komisch. Ich glaube, dass ich anfangs von den Begriffen "Horizont", "Sand" und dem Oxymoron der "toten Leben" gleich so abgeschreckt war, dass ich mich gar nicht auf eine Bilderschau einließ. Den Titel allerdings finde ich nach wie vor doof, der ist doch dermaßen verbraucht, menno!

[i]Dein Wunsch war stets, den Horizont zu heben,
doch als du dort warst, fandest du nur Sand
und einen Koffer voll banalem Tand,
nebst einer Stadt, gedrängt mit toten Leben.[/i]

Mittlerweile mag ich die ersten beiden Verse. Ich sehe, wie sich ein lyrI Richtung Horizont aufmacht, um ihn zu heben, Grenzen der Wahrnehmung zu erweitern. Nachdem es den langen Weg zurückgelegt hat, findet es am vermeintlichen Endpunkt doch nur Sand vor. Im Grunde wäre der Weg zum Horizont ein Weg ohne Ende, denn woran erkennt man, dass man angekommen ist? Der Horizont beschreibt ja sozusagen die Grenzlinie zwischen Himmel und Erde, die sich mit dem vermeintlichen Annähern doch nie erreichen lässt, weil sie sich mit jedem Schritt auf sie zu auch gleich einen Schritt nach hinten verlagert. Das heißt: Ohne vorherige Markierung vom Beobachterstandort würde sich kein Endpunkt erreichen lassen.

Das lyrI nun irrte, als es glaubte, endlich angekommen zu sein. Es nahm die erstbeste Stadt, den ersten Angelpunkt, um ihn als seinen Horizont zu definieren. Aus Bequemlichkeit setzte es sich dort fest, gab sich mit diesem Horizont zufrieden. Das Gedicht ist eine Art Rückschau, ein Fazit und ein Bewusstwerden darüber, nicht weit genug gegangen zu sein, um sein Glück zu finden.

Ich finde die Formulierung in der S1 etwas unglücklich, wenn es da heißt: [i]fandest du [u]nur[/u] Sand[/i], dann aber doch noch ein Koffer und sogar eine ganze Stadt gefunden wird. Das „nur“ passt dann irgendwie nicht, weil sich die Beschränkung gleich selbst ins Aus schießt, finde ich.

[i]Du schriebst dich ein ins Buch der Pharisäer,
und deine Suche fiel an jenem Tag.
Doch wenn der Mond über den Häusern lag,
ergriff dich Apathie. Denn stetig zäher[/i]

Das lyrI schrieb sich in das Personenregister der toten Stadt ein, beendete seine Suche nach dem Horizont vorzeitig und scheint darunter zu leiden. Widersprüchlich scheint mir dann aber, dass du Ergriffenheit mit Apathie koppelst, denn Apathie bezeichnet ja Teilnahmslosigkeit, emotionale Unempfindlichkeit gegenüber äußeren Reizen (Mondschein). Begrifflich passt das m. E. nicht zusammen. Und nun folgt für mich der Tiefpunkt des Gedichtes, der Übergang von S2 zu S3.

[i]und müder wurden deine halben Stunden.
Vom einst Erhofften blieb die Ahnung;
der Sehkreis starb noch in der Planung:
Du hast erbeutet, aber nichts gefunden.[/i]

Dieses Aufeinanderfolgen von „zäher“ und „müder“ klingt reichlich zäh [13] , wobei mir die halben Stunden wieder gefallen. Den noch in der Planung sterbenden Sehkreis finde ich toll, den Ausgang des Gedichtes so lala.

Gruß, Maya
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#6

Schatzsuche

in Diverse 17.02.2008 18:22
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Hallo Maya

Simone sprach ja schon den Titel an. Dazu wollte ich noch etwas anmerken, um hab’s dann wieder vergessen. Gut, dass Du mich daran erinnerst.
Natürlich ist ‚Schatzsuche’ abgegriffen und ich verstehe Euer Missfallen durchaus, jedoch – und ich bin ja auch immer eine von denen, die schnell mal meckert, wenn Titel einfältig sind – denke ich, dass es immer besser ist, etwas direkt zu benennen, als nach hirnrissigen Synonymen zu suchen. Und ‚Schatzsuche’ bedeutet für mich eben genau das, worum es sich bei dem Gedicht handelt: der Suche nach dem Topf am Ende des Regenbogens.
Das kann man jetzt als kitschig ansehen – vermutlich ist es das auch – aber im Grunde jagen wir doch unser ganzes Leben nach dem Glück; dem Quäntchen mehr, auf das wir hoffen und glauben, Anspruch darauf zu haben ... nach unserem persönlichen Xanadu eben. Warum das also nicht Schatzsuche nennen, wenn es genau das ist? Ich bin immer bereit, etwas zu ändern, wenn mich die Argumente überzeugen, aber für mich passt der Titel, daher werde ich ihn so lassen, ok?

Dass es Dich nicht vom Hocker haut, kann ich nachvollziehen (bis jetzt schaffte das auch lediglich ‚Im Schatten neben...’ ), ich bin aber schon froh, mir wenigstens etwas „Anständiges“ – nach meiner gedichtlosen Zeit – abgepresst zu haben. *g

‚Nur Sand’ kann einen Glashersteller vermutlich auf die Palme bringen, aber das ‚nur’ bezieht sich nicht auf die Quantität des Gefundenen, sondern auf die Qualität. Die drei Dinge also, die der Protagonist dort findet, erscheinen dem Erzähler negativ. Nicht gut genug für Einen, der sich aufmachte, den Horizont, bzw. die Welt aus den Angeln zu heben.

Kann einen Apathie nicht ergreifen, bzw. überfallen und somit lähmen? Ich dachte, das ginge ... oder anders gesagt, das lyr.Du lebt und wirkt ja jetzt an diesem Ort. Hat es sich eingerichtet und bequem gemacht. Es vegetiert ja nicht nur, sondern denkt wirklich, es wäre angekommen, bzw. gäbe es nichts Besseres (mehr).
Hm, aber jetzt, wo ich so drüber nachdenke, ist diese Stelle – inkl. des Übergangs – vermutlich der Knackpunkt, an dem der ganze Text krankt. Aber ich hänge so an dem Pharisäer ... Ich muss das mal überdenken. Aber, wie ich in letzter Zeit (gedichtsmässig) so drauf bin, kann ich nicht versprechen, das Steuer noch herumreissen zu können.

Nun ja, ein Versuch war’s wert ... Legen wir besser den Mantel des Vergessens darüber ... und ich werde in Zukunft besser stricken. Das kann ich nämlich noch. Besteht Bedarf für ein Paar Wollsocken?

Danke fürs Feedback und liebe Grüsse
Margot

Die Frau in Rot

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#7

Schatzsuche

in Diverse 17.02.2008 19:02
von Maya (gelöscht)
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Nee, nee, nüscht mit Socken und Strickliesel! Ich zog, was ich nicht erwähnte, DEINE anderen Gedichte als Maßstab heran, nicht die eines Möchtegernautoren (wie Maya ). Übrigens hat mich nicht nur das Gedicht "Im Schatten neben dir" aus den Socken gehauen, im Gegenteil. Doch wenn ich nichts außer "Boah ey, wie geil is dat denn" zu einem Text schreiben könnte, schreibe ich meist lieber gar nichts. Unvergessen bleibt mir die Primaballerina, hach. So, genug gelobhudelt, aber ich musste das einfach klarstellen, bevor du tatsächlich noch Socken strickst, die kein Mensch braucht.

Zum Text:


Zitat:

aber für mich passt der Titel, daher werde ich ihn so lassen, ok?



Klar ist das okay, es ist ja dein und nicht mein Titel (zum Glück! )


Zitat:

‚Nur Sand’ kann einen Glashersteller vermutlich auf die Palme bringen, aber das ‚nur’ bezieht sich nicht auf die Quantität des Gefundenen, sondern auf die Qualität.



Ja, stimmt, Mist, ich sah nur die quantitative Bedeutung.


Zitat:

Kann einen Apathie nicht ergreifen, bzw. überfallen und somit lähmen?



Ich stieß mich daran, dass das lyrI den Mond sieht und dann von Apathie "ergriffen" wird. Diese Ergriffenheit bezeichnet eine höchst emotionale Erregung - wie kann diese dann so plötzlich in Apathie umschlagen? Das meinte ich damit. Mh. Ich bin selbst nicht sicher, ob ich da zu Recht gekrittelt habe, mir erschien das irgendwie widersprüchlich.

Die Pharisäer gefallen mir auch, Finger weg! Nur dieses "zäher".
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#8

Schatzsuche

in Diverse 17.02.2008 21:03
von bipontina (gelöscht)
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Guten Abend, Margot.

Dein Gedicht ist hinreißend. Auch wenn es für ein naives Gemüt ( wie meins ) Rätsel enthält. Über die ich mich als unbedarftes Stroh - ausgedroschen! - gern hermache.


Dein Wunsch war stets, den Horizont zu heben,
doch als du dort warst, fandest du nur Sand
und einen Koffer voll banalem Tand,
nebst einer Stadt, gedrängt mit toten Leben. hier frage ich mich: gedrängt von... / bedrängt von...
und "totes Leben" scheint mir eine contradictio in adjecto zu sein.

Du schriebst dich ein ins Buch der Pharisäer, ich denke, dieses Komma ist obsolet. Und "einschreiben ins Buch der Pharisäer" ist arg blumig umschrieben. Aber Heuchler oder Heuchelei ist vllt zu profan?
und deine Suche fiel an jenem Tag. Kann eine Suche fallen? Ich glaube, sie kann nur enden.
Doch wenn der Mond über den Häusern lag,
ergriff dich Apathie. Denn stetig zäher

und müder wurden deine halben Stunden. Können Stunden müde werden? Da wir wenigstens sie als Konstante kennen.Vom einst Erhofften blieb die Ahnung;
der Sehkreis starb noch in der Planung: der Sehkreis (??) stirbt? Damit ist sicher nicht der ophtalmologische gemeint, denn der stirbt nicht, der wird nur altersgemäß eingeschränkter.Du hast dies sicher ideell gemeint. Und auf welche Planung wird hier Bezug genommen? Die Lebensplanung?
Du hast erbeutet, aber nichts gefunden. Erbeuten kann man nur, was man gefunden hat. Ein Nichts läßt sich nicht erbeuten.




Ich weiß nicht, ich weiß nicht...
ich höbe so gerne den Horizont. Der meinige ist und bleibt wohl ein Tellerrand.

aber ein fein Gedichtel isses allemal!

lieben Gruß von bipontina




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#9

Schatzsuche

in Diverse 17.02.2008 21:54
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Jetzt scheint das Gemeckere auch gutmütigen Personen wie mir zu reichen. Wer hat noch nie etwas von einem Oxymoron gehört, von Paarformeln der hediadyoinischen Art, die auch nicht der Tautologie zuzuordnen sind, weil sie einfach zwei beschreibende ergänzende Wörter sind.
Gemächlich ergreife (= andere Zeitform von ergriff) ich das Wort, ohne im Zustand höchst emotionaler Erregung zu sein.


Zitat:

Kann eine Suche fallen?


Zitat:

"einschreiben ins Buch der Pharisäer" ist arg blumig umschrieben


Zitat:

Du hast erbeutet, aber nichts gefunden.


Zitat:

Können Stunden müde werden?


Zitat:

Ich weiß nicht, ich weiß nicht...
ich höbe so gerne den Horizont. Der meinige ist und bleibt wohl ein Tellerrand.



Was sollte ich hier noch hinzufügen?

Gruß
Joame
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#10

Schatzsuche

in Diverse 17.02.2008 22:13
von Maya (gelöscht)
avatar
@Joame

Da du hier auch Dinge anführst, die ich bekrittelte, melde ich mich noch einmal zu Wort. Das Oxymoron fand ich auch nicht so umwerfend, weil es mir zu ausgelutscht ist. Ansonsten habe ich nichts gegen Oxymora oder andere literarische Mittel.


Zitat:

Gemächlich ergreife (= andere Zeitform von ergriff) ich das Wort, ohne im Zustand höchst emotionaler Erregung zu sein.



Es ist ein Unterschied, ob ich ein Wort ergreife, oder mich etwas ergreift. Das Wort ergreife ich aktiv, werde aber selbst von einer emotionalen Erregung ergriffen. Wenn es heißt "ergriff dich Apathie" ist das in meinen Augen eindeutig eine Gefühlsäußerung.

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#11

Schatzsuche

in Diverse 18.02.2008 01:22
von Joame Plebis | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Hallo, Maya!

Ich hatte schon nachgedacht, ob für die Verwendung des Wortes eventuell leicht regionale Unterschiede bestehen.
Davon ist mir nichts bekannt, doch es war in Erwägung zu
ziehen. Gerade Deine Kommentare, die oft so zielsicher und treffend sind, ebenso fundiert wirken, waren in diesem Fall die Ursache, etwas ratlos zu grübeln.
Ob die feine Nuance bewußt so gesetzt wurde, dafür kann niemand bürgen. Für die Verwendung von Ergriffenheit, sind die Ansichten bestimmt einstimmig; jedoch hierorts kann auch gut verständlich 'ergriff mich Trauer, ergriff mich Freude bzw. Apathie' verwendet werden, ohne daß dabei ein übermäßiges Erregungsmaß vorhanden sein muß.

Streng genommen aber (Du kennst wahrscheinlich den Effekt des 'je öfter man es liest ...'), ist es ein Geschehen ohne aktivem Zutun, bei dem auch ein entsprechend passives Wort verwendet werden sollte. So ein Wort wäre z.B. 'befiel'.
So betrachtet, müßte man Dir zustimmen.
Bei obigem Gedicht drückt das aktive Wort 'ergriff' aber eine Inaktivität aus (nicht bewußt gesteuert, es überkommt, es geschieht einfach. Als Gefühlsäußerung betrachte ich Apathie nicht, sie ist ein Zustand, den man erleidet.

Ich bin nur bemüht, meine Gedanken zu erklären.

So führe ich gleich eine Stelle an, wo ich nicht Deiner Ansicht bin: 'Denn stetig zäher und müder wurden deine halben Stunden.' Dazu meinst Du 'Dieses Aufeinanderfolgen von „zäher“ und „müder“ klingt reichlich zäh'
Wenn dem so ist, dann ist es gelungen, denn genau davon ist die Rede, was dann zusätzlich von der von Dir erwähnten Wirkung profitiert.

Schön, daß klarlegen durfte, wie ich es sehe. Nur einfach mitteilen, wenn ich mich irgendwo vertan habe oder im Unrecht bin. Du weißt ja, sogar ich bin nur ein Mensch.

Mit Gruß
Joame
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#12

Schatzsuche

in Diverse 18.02.2008 16:02
von Maya (gelöscht)
avatar
Hi Joame,

nur kurz, weil ich heute wenig Zeit habe. Als ich schrieb, dass der Übergang reichlich "zäh" wirke, meinte ich das nicht im tatsächlichen Wortsinn, sondern als Hinweis dafür, dass das sehr bemüht rüberkommt und in meinen Ohren nicht gut klingt, eher misslungen ist.
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#13

Schatzsuche

in Diverse 18.02.2008 17:27
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hi Marge,

ja, auch mich rührt das Gedicht nicht zu tränen, soll es wohl auch nicht.
Ich dachte auch sofort an den Schatz am Ende des Regenbogens und war gleich enttäuscht, dass dieser nicht erwähnt wird, wenn doch schon alles darauf hindeutet.
Das lyrische Ich sucht hier also nach einem Schtz der Erkenntnis. So interpretiere ich das, weil der Horizont ja auch gerne als Metapher für Weitblick und Weisheit steht. Die erste Strophe gefällt mir gut.
Für seine Schatzsuchen wendete das Ich laut dritter Strophe Intervalle von halben Stunden auf. Was soll mir das sagen? Ich dachte hier weniger an eine Beziehung sondern eher an die Lyrik an sich. Frag mich jetzt nicht warum. I know, it's all in my head. Vielleicht weil ich das Gefühl habe, das dies gerade vielerorten thematisiert wird, das Dichten an sich.
Ein lyrisches Ich, dass nach Wahrheit und Erfüllung in der Dichtung sucht, aber letztlich nichts findet. Was das mit den halben Stunden zu tun hat? Ich rede wirr und kann es nicht recht begründen.
Auch weiß ich den Pharisäer nicht recht zu deuten.
Auch was ein Sehkreis ist, bleibt mir verborgen. Eine Gruppe von Durchblickern? Aber doch hoffentlich keine Dichter. Die blicken doch eh nix, nur den Spiegel.

Der Text lässt mich etwas zu sehr rätseln und zu wenig träumen, und das Rätseln auch noch relativ erfolglos. Daher not my cup of tea, obwohl ich den letzten Satz auch wieder sehr stark finde, auch wenn ich wünschte, er wäre unten an einem Gedicht dran, das mich insgesamt mehr anspricht.

Viele Grüße,
GW


_____________________________________
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#14

Schatzsuche

in Diverse 18.02.2008 20:57
von Maya (gelöscht)
avatar
Die halben Stunden sind für mich Ausdruck für unerfüllte, unausgefüllte Stunden, weil man die Zeit mehr oder minder totschlägt, nicht wirklich was mit ihr anzufangen weiß. Da man die Stunden nur halb nutzt in diesem toten Kaff, verplempert man die andere halbe Stunde (das halbe Leben mit Nichtigkeiten).

Die Pharisäer („Abgesonderten“) passen meiner Ansicht nach sehr gut ins Gedicht, für mich besteht die tote Stadt aus Menschen, die sich selbst etwas vormachen, sich vorheucheln, das Glück gefunden zu haben, damit sie von der Last der Suche nach dem Ende des Horizontes befreit sind. Der Begriff Pharisäer steht ja auch für Heuchler und selbstgerechte Menschen, wobei ich die Selbstgerechtigkeit dann eher als Starre bzw. Unbeweglichkeit und nicht als Arroganz auslegen würde.

Sehkreis ist im Grunde nur ein anderes Wort für Horizont, beschreibt auch das Blickfeld. Das, was man einst im Auge, also im Blickfeld hatte (den Horizont), den gibt man auf, weil man die Suche vorzeitig beendet. Das geplante Glück ist dahin. So jedenfalls verstehe ich das.
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#15

Schatzsuche

in Diverse 19.02.2008 12:08
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Ich bin ganz ergriffen von Eurer Diskussion, bzw. befiel mich Rührung beim Lesen der Kommentare.
Was ich damit meine, vermutlich ist das 'ergriff' echt falsch in diesem Kontext und ich sollte es durch 'befiel' ersetzen. Aber dann kommt sicher Herr bipo und sagt: Man kann nur dem Herrn seine Wege befehlen ...

@ GW
Sollte ich jemanden zu Tränen rühren wollen, dann gäbe ich ihm eine Zwiebel zum Schneiden. Wie kommst Du bloss auf diesen dünnen Ast? Oder anders gesagt, eilt mir ein tränendrüsiger Ruf voraus? *kreisch* .... nicht wirklich, oder?
Also Du dachtest (auch) an den Schatz am Ende des Regenbogens ... okay ... bist aber enttäuscht, weil er dann nicht spezifisch benennt wird. Hm ... und wenn ich's getan hätte? Wäre da nicht gleich der Ruf erschallt: Och, nö, nicht diese alte Schmonzette! (?)
Für die Erklärung der halben Stunde siehe Kommentar unserer lieben Maya. Sie hat den Pokal der besten Komms seit längerer Zeit abonniert. Teufelsweib!

Und ja, ich wünschte mir auch so Einiges ... leider, leider ... aber ich werde Dich sicher wieder mal mit einer Tasse Tee beglücken können. Geht evtl. einfach etwas länger.

@ Joame
Ich danke Dir dafür, dass Du für mein Gedicht so in die Bresche springst. Es ist aber nicht so viel wert, als dass man sich dafür in die Haare kriegen müsste. Vor allem, wenn ein Rollenspieler - wie las ich kürzlich? Oller Chaot? - mit Unterstreichungen um sich schmeisst.

@ Maya
Sollte ich je einen Profiler benötigen, wärst Du meine erste Wahl. Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie präzise Du die Hintergründe erfassen und Dinge aufzeigen kannst, die der Dichter (vermutlich) selbst nicht benennen könnte, wenn der Leser danach früge. Bei Dir kommt man sich immer so gläsern vor, als würdest Du ins Hirn schauen können. Poohoo ... erschreckend!

Vielen Dank für die Erklärungen der angefragten Wendungen. Und sollte ich je berühmt werden, engagiere ich Dich doch glatt als meine Pressesprecherin! Wobei ich jetzt ja stricke ... tja, Pech gehabt!.

Allen nochmals einen herzlichen Dank für Eure Zeit, die er in mein Gedicht investiert habt.
Beste Grüsse
Margot

Die Frau in Rot

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#16

Schatzsuche

in Diverse 19.02.2008 12:25
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte

Zitat:

Margot schrieb am 19.02.2008 12:08 Uhr:
Sollte ich jemanden zu Tränen rühren wollen, dann gäbe ich ihm eine Zwiebel zum Schneiden. Wie kommst Du bloss auf diesen dünnen Ast?


Ja, wenn ich das wüsste.
Das mit der alten Schmonzette könnte sogar sein. Aber ich ging jetzt natürlich davon aus, dass Du ganz tolle einzigartige Wendungen dafür gefunden hättest, die mich völlig verzaubert und zu Tränen gerührt hätten.
Jetzt antwortest Du bestimmt gleich "Hab ich doch" und ich knicke nickend ein.


Zitat:

Und ja, ich wünschte mir auch so Einiges ... leider, leider ... aber ich werde Dich sicher wieder mal mit einer Tasse Tee beglücken können. Geht evtl. einfach etwas länger.


Da bin ich auch überzeugt von.

Viele Grüße,
GW

_____________________________________
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#17

Schatzsuche

in Diverse 19.02.2008 19:13
von Margot • Mitglied | 3.054 Beiträge | 3055 Punkte
Sag du mir nicht, was ich antworten soll! Aber im Grunde ist es genau so ...

Ich hab noch ein wenig gebastelt. Besser vermag ich's im Moment nicht den allgemeinen Wünschen anzupassen. Je suis désolée ...

Alte, nein, zweitalte ... ehm mittelalte Version ... egal:

Du schriebst dich ein ins Buch der Pharisäer,
und deine Suche fiel an jenem Tag.
Doch wenn der Mond über den Häusern lag,
ergriff dich Apathie. Denn stetig zäher


Und ja ich weiss, jetzt hat's viele 'unds'.

Die Frau in Rot

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