#1

Warum ich BILD so liebe

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 02.09.2008 13:40
von Simulant (gelöscht)
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Warum ich BILD so liebe von simulant

Aimees Gesicht war es abzulesen, dass sie heute alles andere als verständnisvoll sein würde. Was mich zu der, in letzter Zeit leider viel zu oft gewonnenen Einsicht verleitete, lieber mal nicht den Macho heraushängen zu lassen und stattdessen in belanglose Dialoge, anstatt in die von uns beiden zu normalen Zeiten wohl so sehr geliebten, teilweise sehr lautstarken Diskurse über Gott und die Welt zu investieren.
Aimee war erzürnt! Sie kam die Treppe zu unser Beider Wohnung heraufgeweht, einem Südstaatentornado gleich.
„Mensch Toni, was mich diese Gören aufregen! Die glauben wohl, dass eine Lehrerin nur ihrer Belustigung dient und sie selber das zahlende Publikum in einer stand up comedy zu sein hätten.“
Sie knallte ihre Tasche in der Diele auf den von mir erst in der letzten Woche im Schweiße meines Angesichtes verlegten Kachelboden und ich wunderte mich, dass sie ihr nicht noch den finalen Rettungstritt versetzte.
„Ärger Liebling?“
Ach hätte ich doch lieber nicht gefragt!
Sie sah mich kurz mit ihrem wohl bis zum Grund meiner Seele reichenden Blick, der mir schon seit unserer ersten Begegnung weiche Knie machte an, um dann erregt in einen, einem Anfall von geistiger Umnachtung nicht unähnlichen Zustand zu verfallen.
„Ärger, du fragst ob ich Ärger habe? Ja wie würdest du das denn wohl nennen, wenn da ein Dreikäsehoch vor dir steht und erzählt, dass er mit deiner Art von Wissensvermittlung aber so gar nicht einverstanden ist und er nur mal so vorsichtig darauf hinweisen möchte, dass demnächst Papi oder Mammi auf der Matte stehen um nach dem Rechten zu sehen und mir dabei ein paar Tipps für eine seriöse Unterrichtsgestaltung zu geben.“
Die menschliche Notwendigkeit auch einmal Luft holen zu müssen bei verbaler Kommunikation, unterbrach Aimees Redefluss.
„Du meinst, du befürchtest, ja was hast du denn getan bei deinen Schülern?“
Mein Einwurf wurde sofort im Ansatz zerpflückt!
„Was ich getan habe fragst du? Ich habe versucht meinen kleingeistigen Schülern so etwas wie eine gesunde Geisteshaltung einzutrichtern und wie bedankt sich diese Brut bei mir? Kannst du mir das mal sagen?“
Aimee prustete wie ein wie ein harpunierter Narrwal, ein Vergleich der ihr, der geborenen Nordkanadierin nicht so sehr fremd vorkommen müsse, wie uns Mitteleuropäern, die wohl einen Narrwal gar nicht erkennen würden, wenn sie denn mal einen zu Gesicht bekämen.
Nun gut, vielleicht muss ich der verehrten Leserschaft erklären, dass meine kleine erzürnte Ehefrau im wirklichen Leben als Oberstudienrätin an einem Deutschen Gymnasium unter anderem Englisch und französische Geschichte unterrichtet und ihre „Dreikäsehochs“ beiderlei Geschlechtes, in der Regel so 16 bis 17 Jahre alt sind.
„Glaubst du nicht, liebe Aimee, es wäre an der Zeit, den Grund für deine schlechte Laune an einem Ereignis festzumachen, dass du mir in aller Ausführlichkeit schildern könntest, damit auch ich mich so richtig ärgern kann und nicht weiterhin hier im Flur dumm rum zu stehen habe?“
Sie sah mich mit ganz plötzlich großen Augen an und ich konnte nicht anders, als sie in meine Arme zu nehmen um sie zu drücken.
„BILD-Zeitungs-Niveau wirft mir wohl ein Elternpaar vor, nur weil ich an Hand von Beispielen aus diesem Blatt, das Verhältnis von französischen Wählern zu den sie regierenden Präsidenten darstellen wollte!“
Aimees Augen hatten wieder ihre normale Form und Größe angenommen.
Ich muss schon sagen, dass bei mir der Versuch ihrer Erklärung, wohl mehr Fragen als Antworten hinterließ, als sie nun immer noch bebend, in die Küche entfleuchte.
Ich folgte ihr wie ein treuer Dackel.
„Es geht ja gar nicht darum, wie ein Deutsches Boulevardblatt den Französischen Präsidenten darstellt oder mit diesem umgeht, sondern darum, wie ich mir meinen Unterricht gestalte, um hier die größte Wirkung bei meinen Schülern zu erzielen. Hier nun wollte ich mit der BILD die Einflussname der Medien auf die öffentliche Wahrnehmung beleuchten und da kommt dieser Schnösel und stellt sich hin, um mir zu verklickern, dass er und seine Eltern alles in die Hand nehmen, aber auf keinen Fall so ein Käseblatt wie BILD!“
Sie war immer noch auf Hundert.
„Aimee, warum denn die BILD? Sarkorzy kommt doch bei allen Blättern schlechter weg seit seiner Ehe mit Carla Bruni! Du könntest doch irgendeines der bunten Blätter nehmen und glaube mir, die werden auch von den Muttis deiner Schüler gelesen und wenn es auch nur beim Friseur ist. Die BILD ist nun mal die Zeitung mit der wohl größten Auflage der Welt, die wohl von kaum einem gelesen wird, jedenfalls wenn man mal so rumfragt.“
In der Hoffnung, Aimee ein wenig zu beruhigen, hatte ich ganz langsam gesprochen und versuchte nun ihre seelische Verfassung zu ergründen.
„Toni, du sagst doch immer, dass dir diese Zeitung jede Menge Ideen zu deinen Storys liefert, wie sonst keine andere Zeitung.“
Nun war ich es, der losprusten musste.
„Du hast Recht, Liebste! Das Blatt ist mit so heißer Nadel gestrickt und nur auf die Bedürfnisse seiner wohl unbekannten Leserschaft zugeschnitten von der seine Macher wohl anzunehmen scheinen, dass echte Informationen nicht dazu gehören. Das hat mir schon reichlich Stoff für Geschichten geliefert.“
Ich musste daran denken, dass dieses Blatt doch tatsächlich mit Hilfe von Unbehauptetem es immer vermochte, bei seiner Leserschaft den Eindruck von Behauptungen zu hinterlassen, die dann deren Weltbild auch noch begründeten.
„Vielleicht solltest du beim nächsten Mal doch noch ein seriöses Blatt, wie die Frankfurter oder die Süddeutsche, als Reverenz sozusagen, in den Unterricht einbauen?“
Nun machte Aimee ein Gesicht, als wolle sie damit ausdrücken, dass sie an meinem Verstand zweifelte.
„Das genau habe ich getan, Toni! Ich habe die WAZ und die Zürcher als Referenzen genommen, um den Schülern anhand vergleichbarer Artikel, deren Unterschiede in der Darstellung zu vermitteln. Das haben die Eltern aber wohl nicht erfahren von den Schülern. Hier wurde nur von diesem Käseblatt gesprochen und dem Einfluss welcher hiervon ausgeht.“
Ich musste innerlich schmunzeln, war das doch die Kämpferin an der Pisafront, die ich so liebte. Aimee war im Kollegium beinahe berüchtigt für ihre Aufrichtigkeit aber vor allem für ihre Zähigkeit. Nicht umsonst ergriff sie immer das Wort, wenn mal bei Versammlungen des Lehrkörpers die Notwendigkeit dazu gegeben war und sich die üblichen Bedenkenträger mal wieder nicht aus ihren Deckungen trauten. Was sie zwar sehr beliebt, aber natürlich auch nicht unumstritten machte.
„Dann ist es ja gut, Aimee! Du lässt dich doch nicht unterbuttern, schon gar nicht von Dreikäsehochs und deren verblendeten Erzeugern. Was genau wollte denn dieser Schnösel damit aussagen, wenn nicht, dass es sich nicht lohnt, einen Blick in BILD zu werfen?“
„Die BILD spaltet die Gesellschaft in gut und böse, um nicht zu sagen schlau und beschränkt!“
Sie hatte sich schon beinahe wieder beruhigt, was sich nicht zuletzt dadurch zeigte, dass ihre Zornesfalten auf der Stirn von den lieblichen Grübchen auf den Wangen den Rang abgelaufen bekamen.
Innerlich belustigt, musste ich daran denken, dass ein solch blödes Blatt, wie BILD, mir schon so oft den Stoff für Vergnügliches geliefert hatte. Nicht durch das, was sie so dem Leser zumutet, sondern das, was sie eben nicht berichtet. Wenn es ein solches Käseblatt nicht gäbe, sollte ich es mir tatsächlich überlegen, ein solches zu gründen.
Denn dieser Schmalspur-Journalismus passt in eine Gesellschaft, die die Polarisation zu ihren Grundsätzen zu zählen scheint und sich schon lange nicht mehr um Wahrheiten kümmert, wenn es nur jemanden gibt, der ihr die seine, ihnen als solche verkauft.
Ach ja, ich wollte ja erklären, warum ich BILD liebe. Seltsam, jetzt wo ich so angestrengt nachdenke, fällt mir nichts Gescheites ein. Sorry!


© 2008
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#2

Warum ich BILD so liebe

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 02.09.2008 14:55
von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hallo Simulant,

erstmal eine formale Anmerkung zum Text insgesamt. Insbesondere zu Beginnenthält der Text viel zu viele umständliche Formulierungen, auch in der wörtlichen Rede. Ein Satz wie "Was mich zu der, in letzter Zeit leider viel zu oft gewonnenen Einsicht verleitete, lieber mal nicht den Macho heraushängen zu lassen und stattdessen in belanglose Dialoge, anstatt in die von uns beiden zu normalen Zeiten wohl so sehr geliebten, teilweise sehr lautstarken Diskurse über Gott und die Welt zu investieren." ist für meinen Geschmack an der Stelle zu lang. Das ist ein erzählender Text. Also lies den mal jemandem vor. Dann merkst Du ziemlich schnell, an welchen Stellen, das zu lang und zu verschachtelt wird.
Ich habe zudem viele Kommata vermisst. Da fehlen einige.

Jetzt bin ich schon mitten in den Korrekturen. "unser beider Wohnung" mit kleinem "b".

Der Satz "Mein Einwurf wurde sofort im Ansatz zerpflückt!" ist völlig überflüssig. Das liest man doch selbst.
Appropos überflüssig. Der Text enthält vieles, was für die Geschichte und ihre Aussage im Grunde völlig überflüssig ist. Raus damit! Wen interessiert's, dass Aimee Kanadierin ist? Raus!
Neben dieser Darlegung einer Ansicht zur Bildzeitung enthält diese Geschichte noch Ansätze einer Beziehungsgeschichte zwischen den beiden Hauptfiguren, die aber am Schluss verloren geht.
Dann ist da noch das Thema Pisa und Lehrerin/Schüler-Verhältnis. Das wird zwar auch aufgetischt, aber damit passiert auch gar nichts. Kann eigentlich auch raus.
Bleibt am Schluss die Betrachtung zur Bildzeitung. Dafür scheint mir die Form einer Geschichte unpassend, weil die Handlungsfäden im nichts verlaufen und die Betrachtung selbst keine Geschichte ist.
Ich fänd diese Handlungsfäden allerdings auch wesentlich interessanter als diese Statements zur Bild. Das sollte auch nach Möglichkeit alles einen gewissen Bezug zueinander in der Geschichte kriegen.

Das "Vergnügliche" an der Bild-Zeitung wird auch nicht wirklich gefasst. Somit ist selbst die Betrachtung bei diesem Aspekt unrund.

Zum Ende hin wird der Stil übrigens flüssiger. Da sind die Sätze auch nicht mehr zu lang. Es holpert besonders zu Beginn.

So viel von mir.

Grüße,
GerateWohl

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#3

Warum ich BILD so liebe

in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 02.09.2008 22:46
von Simulant (gelöscht)
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Hallo Gerate Wohl,

zunächst möchte ich danken, dass du dich mit meinem Text befassen wolltest.
Grundehrliche Rezension, so liebe ich es.
Das was du schreibst macht Sinn. Ich hatte diesen Text verfasst, weil in einem anderem Forum darum gebeten wurde, die Lieblingszeitung mit Begründung zu nennen. Und da schien mir unsere allseits geliebte BILD, als wohl bestens geeignetes Opfer!

Nun das was du sagst, wird mich nun verannlassen, mich noch kritischer mit meinem Geschreibsel zu befassen.


noch mal, hab Dank! Kritik macht stärker!

Gruß simulant
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