Nicht-Orte
Wieder schlaflos, krieche ich wie früher in die Dunkelheit hinein wie in ein vorgewärmtes Bett, lasse wieder die Jalousie runter, um nicht vom Licht der Frühe geweckt zu werden. Manchmal sitze ich, einfach so, am Fenster bei verschlossener Jalousie und bewege meinen Kopf hin und her. Ich spiele mit dem weißen Licht der Straßenlaterne, das ich durch die kleinen Ritze flackern lasse. Ein Schiff auf hoher See grüßt mich im Vorüberfahren. Es funkelt das stille Vertrauen zwischen den Einsamen der Weltmeere. Seit zwei Wochen versuche ich, eine Glühbirne für meine Nachttischlampe zu besorgen, um mich an jedem Tag aufs Neue beim Insbettsteigen zu verfluchen, dass ich es wieder einmal vergessen habe. Bereits in der Mitte des Monats bereite ich mich stillschweigend darauf vor, am Ersten des nächsten Monats die Miete zu überweisen; fast jeden Tag wühlt mich urplötzlich der Gedanke auf, ob der Erste schon gewesen sei, und ich vergessen habe, die Miete zu überweisen und nun befürchten muss, vom Vermieter eine aufs Dach zu bekommen, oder aber die Kündigung im Briefkasten zu finden, obgleich er es mir doch persönlich hätte sagen können, er wohnt doch im gleichen Haus.
Verzweiflung und Anarchie, Hand in Hand mitten in mir. Kichernde Gesichter nach innen gewendet. Den Kopf verlierend. Gott verfluchend (der schon wieder), nichts mehr wollend, weil alles wollend, nur nicht das da. Hier zu sein, im Jetzt, was es ja nie ist, immer nur im Gedächtnis oder in der Hoffnung, immerzu suchend. In der Natur? Bloß nicht. Im Verstand? Noch weniger. In mir und meiner Seele, ohne zu wissen, wo etwas ist und vor allem, was etwas ist und wer man ist. Es wäre die allerletzte Verwirrung, das stumme Sprechen Schweigen, Wortstaub ohne Boden, um sich darauf zu legen und um darin zu verschwinden. Die unvermittelte Unmittelbarkeit, der schönste Taschenspielertrick, mit mir als die kleine Kugel unter den Bechern, die ganz schnell die Orte wechseln, was nie gelingt.