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Blind Date
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 12.02.2009 21:17von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Wie die meisten Unglücksfälle ist auch ein Blind Date vermeidbar, wenn man in den Lebenssituationen, die zu so etwas führen können, nur etwas achtsamer wäre. Dann blieben wir alle verschont und niemand käme zu schaden. Aber der Mensch ist halt nicht immer achtsam genug. Und dann passiert so etwas. Unvermittelt wirst du gefragt - von Freunden, Bekannten oder sogar der eigenen Familie -, ob du nicht gerne jemanden kennen lernen möchtest. Darauf könntest du dann einfach NEIN antworten. Aber das stimmt ja gar nicht, dass du niemanden kennen lernen möchtest. Deshalb sagst du wahrheitsgemäß JA. Die Leute könnten auch fragen, „Ist heute Dienstag?“ an einem Dienstag oder vor einer Blinddarmoperation „Möchten Sie eine Betäubungsspritze?“. Irgendetwas, das dich garantiert Ja sagen lässt. Darin besteht der Trick, mit dem man geködert wird, woraufhin man an einem öffentlichen Ort, einem Café oder einem Park, auf eine Begegnung wartet, mit der man sich offenen Auges ins Witzbuch des Lebens hinein schreibt. Nur weil man eine Fangfrage bejaht hat. Nur die im Grunde einzige korrekte Frage, „Möchtest du eine Verabredung mit einer wildfremden einsamen Freundin eines entfernten Bekannten von uns arrangiert bekommen?“, die stellt aus gutem Grund keiner. Denn die sich wie selbstverständlich daran anschließenden Neins hätten schon längst dazu geführt, dass der demütigende Brauch des Blind Dates ausgestorben wäre. Aber jetzt sitze ich hier auf einer Parkbank und warte auf Griselda oder wie die heißt. Ich schaue lieber noch mal auf den Zettel, um wenigstens dieses Fettnäpfchen zu umgehen, sie mit dem falschen Namen anzusprechen. Ah, gut dass ich nachschaue. Sie heißt Gisela. Gerade noch mal gut gegangen. Hoffentlich merke ich mir das, bis sie kommt und ich sie ansprechen muss. Nach der Vorstellung kann ich dann ja immer „Sie“ oder „du“ sagen.
Ich bin viel zu früh und sitze bei pralle Sonne im Halbschatten vor einer Liegewiese zwischen U-Bahnbrücke und Springbrunnen mit einem Zettel, auf dem steht: Gisela, 15 Uhr, Volkspark Schöneberg, Wiese am Hirsch-Brunnen, dritte Parkbank, linke Seite und ihre Handynummer. Mehr nicht. Wir leben in einem Zeitalter, in dem sogar Telefone Fotos machen. Da hätte man ja wenigstens ein Bild erwarten können, aber nein.
„So ist es doch viel spannender“, hatte Haralds Frau Marina lachend gesagt. Ich erinnere mich noch an Haralds mitleidigen Blick dabei in meine Richtung, und dann sein anschließend gequält und ertappt wirkendes Zunicken, mit dem er mich wohl aufmuntern oder trösten wollte. Dieser falsche Hund. Ich hole noch mal den Zettel mit Giselas spärlichen Daten hervor und schreibe mit meinem Kugelschreiber unter ihrer Handynummer „Harald umbringen“ darauf mit einem Ausrufezeichen dahinter, um es nicht zu vergessen.
Vor mir auf der großen Liegewiese stehen und laufen jede Menge gut gelaunter und attraktiver Damen herum. Leider sind sie durchweg zu jung für mich und leider ist keine von ihnen Gisela. So viel Glück hat man natürlich nicht bei einem Blind Date. Dass man sich als in die Jahre gekommener Junggeselle, wie ich einer bin, wenigstens standesgemäß mit einem 25 Jahre jüngeren Ding einen Nachmittag lang zum Trottel machen kann. Das hätte wenigstens noch einen gewissen Stil. Die Umwelt würde denken, er könnte ihr Vater sein, er ist unreif, er ist in einer Midlife Crisis, er ist ein Trottel, aber er ist ein glücklicher Trottel. Und sie würde es nicht ohne Neid denken. Aber solche Episoden gehören nicht in die Welt der Blind Dates.
„Blum.“
„Äh,…“
„Hier ist Blum, Gisela. Hallo? Wer ist dort?“
„Ich bin… Entschuldigung, ich bin ein Freund von Harald und Marina, ich heiße Norbert.“
„Ah, Norbert. Ja, Marina hat mir von dir erzählt. Wir sind übermorgen verabredet nicht wahr? Schön, dass du dich meldest.“
„Ja, ich weiß. Wir sind schon verabredet. Harald hat mir einen Zettel gegeben. Aber ich dachte, wo doch die Nummer auf dem Zettel steht, ich sollte vielleicht anrufen. Und das tue ich jetzt.“
„Ja, das ist nett.“
„Rufe ich ungünstig an?“
„Nein, nein. Ich stehe an der Haltestelle und warte auf den Bus.“
„Aha. – Also, ich kann auch anrufen wenn es günstiger ist.“
„Nein nein. Ist schon o.k. Ich freue mich.“
„Gut. – Ist das in Ordnung, dass ich Sie gleich dutze? Weil, da steht nur der Vorname, Gisela, auf dem Zettel, und da dachte ich...“
„Ja, klar. Das ist fein. Dann komme ich mir nicht so alt vor.“
„Wieso? Wie alt bist du denn?“
„Na, du bist ja charmant. Eigentlich nicht mehr jung genug für diese Frage. Aber wenn du’s unbedingt…“
„Ich bin 50.“
„Ah. Aha. Schön. Gutes Alter für einen Mann.“
„Finden Sie?“
„Wir waren doch beim Du.“
„Ach ja. pardon.“
(Schweigen)
„Na, Norbert, wo wir schon mal sprechen, erzähl mir doch was von dir.“
„Kommt der Bus nicht?“
„Der braucht noch ein bisschen.“
„Was soll ich denn erzählen?“
„Na zum Beispiel, bist du Witwer oder junger Junggeselle?“
„Ich bin 50.“
„Wie? Ja, das sagtest du. Ich wollte…“
„Ich meine, ich bin nicht jung.“
„Ah, also bist du Witwer. Das tut mir leid.“
„Quatsch. Wie kommen Sie denn darauf?“
„Also doch Junggeselle.“
„Ja, aber halt kein junger mehr.“
„Na, das ist doch Ansichtssache.“
„Nein. Ist es nicht.“
„Na gut. Aber Beziehungen hattest du schon, oder? Mit Frauen, meine ich.“
„Was wird das denn hier für ein Verhör?“
„Oh, entschuldige. Ich wollte dir nicht zu nahe treten. Ich bin manchmal etwas direkt.“
„Und ich bin nervös.“
„Ich auch.“
„Das hört man aber nicht.“
„Doch ich laufe die ganze Zeit hin und her.“
„Ah, Sie sind wohl sportlich!“
„Wieso?“
„Na Sie sagten eben, Sie laufen hin und her.“
„Das findest du sportlich? Du bist lustig. Waren wir nicht übrigens beim Du?“
„Jetzt hören Sie mal. Sie haben Ihre Sicht der Dinge, und ich habe meine. Ich wüsste nicht, was an meiner so lächerlich oder witzig wäre. Und ich dutze, wenn ICH will. Kapiert? Ich muss mir von Ihnen nicht vorschreiben lassen, wie ich… (Piiep!) Hallo? Hallo? Haben Sie etwa aufgelegt? Haben Sie etwa einfach aufgelegt? Dann sage ich Ihnen mal was. Das ist unhöflich, aufzulegen, ohne sich zu verabschieden. Jawohl! Ich leg jetzt auch auf! Auf Wiederhören. Ja. So macht man das.“
Ein Freundeskreis, kann ein guter Schutz sein vor der Liebe. Wer verliert sein Herz schon, fest verfangen in den engen Maschen eines geschlossenen Bekanntennetzes? Sollte man meinen. Mit aufgeknöpftem Mantel steht man zwar da und fragt sich manchmal, wann es aufhört zu ziehen. Ein lauer Wind lässt die Einsamen gemeinsam flattern wie eine Gruppe Vogelscheuchen, und Musikstücke, in denen die Liebe vorkommt, ziehen vorbei oder nisten sich zu oft in unseren Ohren ein. Eine feuchte Witterung tut ein Übriges und, plumps, fällt das Herz aus der löchrigen Brust. Und Keiner fängt es auf, aber es tritt auch niemand drauf. Allgemeine Rücksichtnahme. So war es immer. Stilles Leiden ummantelt vom heilenden Verband der Diskretion. Das ist Geborgenheit. Doch seit einiger Zeit wird alles anders. Ich fühle mich zunehmend als Exot. Die Alleinstehenden werden systematisch ausgerottet. Unsere Seelen werden von Kupplern in Planspielen wie diesem hier rücksichtslos im Namen der Liebe verschleudert. Und was sagt die Liebe dazu, während sie im Eingang steht? Das was sie immer sagt: Komm, küss mich! Mit vollem Mund, schmatzend und sabbernd. Ist das verlockend? Da hängen aufgeweichte Krümel an ihrem Bartflaum. Ich könnte doch auch die sauberen Lippen der Sehnsucht küssen. Aber die Liebe ist wie die großen Jungs auf dem Spielplatz früher, die einen verkloppten, einfach weil man jünger, schwächer und ohne eigene Gruppe schutzlos war. Vereinte Kräfte - eine wie die andere.
Meine Gedanken machen mich schwermütig. Mir ist einfach heiß. Ich schwitze in der Sonne wie ein fetter Hartkäse, denn ich trage im Hochsommer einen Anzug und darunter ein langärmliges Hemd. Schön blöd. Jetzt das Jackett ausziehen wäre zwar angenehm, würde aber nur hässliche Schweißränder zum Vorschein bringen. Was, wenn sie mich dann so sieht? Genau das ist es, was ich vermeiden wollte. Ich bin zwar früh dran, aber genug Zeit, noch mal nach Hause zu gehen und mich umzuziehen habe ich auch nicht mehr. Unpünktlichkeit kommt nicht in Frage. Ich will mir nachher nicht nachsagen lassen, die Begegnung wäre an meinem Fehlverhalten gescheitert. Das könnte allen Beteiligten so passen. Nein, ich werde mich komplett korrekt verhalten und sie die Fehler machen lassen. So werde ich erhobenen Hauptes aus der Sache heraus kommen.
„Stangel.“
„Ja, hallo, ich bin’s Gisela.“
„Welche Gisela?“
„Wir sind morgen verabredet.“
„Oh, ach Sie.“
„Ich wollte mich noch mal bei Ihnen melden und Ihnen sagen, dass es mir sehr leid tut, wie unser erstes Gespräch gelaufen ist und mich hiermit für meine Unhöflichkeit entschuldigen. Ich war vielleicht etwas übereifrig und indiskret.“
„Ach, schon gut.“
„Und dann einfach so aufzulegen. Aber Sie waren so böse, und ich wusste gar nicht, wie ich damit umgehen sollte, wo wir uns doch gar nicht kennen.“
„Ja, das war nicht richtig von mir. Pardon. Ich habe mich benommen wie ein Esel.“
„Wie auch immer. Ich würde mich jedenfalls dennoch freuen, Sie morgen wie vereinbart zu treffen, sofern Sie noch Interesse haben, dass wir uns kennen lernen.“
„An mir soll’s nicht liegen.“
„Ah. Gut. - Ja dann. Bis morgen?“
„Ja, bis morgen.“
Im Grunde bin ich ja nur aus Höflichkeit hier. Höflichkeit ist wichtig. Und wer weiß, welche Selbstzweifel diese Frau quälen. Wenn ich nun ein Treffen abgelehnt hätte, würde sie das vielleicht nicht verkraften, sie gar in den Selbstmord treiben. Frauen tendieren ja eher dazu, beziehungssüchtig zu sein. Wer weiß, wozu sie ohne fähig sind. Außerdem, egal wie abgekartet das Spiel von Harald und Marina auch eingefädelt worden sein mag. Ich habe zugesagt, und wenn man zusagt, geht man hin, genauso wie man beim Telefonat nicht ohne Verabschiedung einfach auflegt.
Doch eigentlich habe ich keine Lust. Ich weiß auch gar nicht, was ich mit dieser Frau unternehmen soll. Hier an der frischen Luft in der Sonne werde ich im Anzug den Schwitztod sterben. Ich kenne auch in der Nähe kein klimatisiertes Museum oder ähnliches. Ich könnte mit ihr ins Rathaus gehen. Da ist es kühl und es ist gleich um die Ecke. Aber was sollen wir da? Unsere Personalausweise verlängern lassen? Sie wird mich lächerlich finden, lächerlich wie die ganze Situation. Und in gewisser Weise hat sie recht. Ich bin 50 Jahre alt und weiß offensichtlich noch nicht einmal, wie man sich wettergemäß kleidet. Ach was soll’s! Ich zieh die blöde Jacke jetzt aus und gehe einpaar Schritte, um zu trocknen. Auf der nördlichen Seite des Parks hinter der Brücke ist es vielleicht kühler. Wahrscheinlich kommt die Frau eh zu spät.
Auf der Treppe zur anderen Seite kommen mir zwei Frauen ungefähr meines Alters entgegen miteinander schwatzend, und gehen an mir vorbei. Die eine ist auffallend attraktiv, mit wachen lächelnden Augen, vollem kurzen Haar, geschmackvoll gekleidet und von nicht zu verbergender Weiblichkeit. Ihre Gesprächspartnerin fällt in die Kategorie von Damen, für die mal irgendein stilsicherer Mensch den malerischen Begriff Schabracke eingeführt hat. Die Haare, obwohl offensichtlich echt, sind mühevoll auf Faschingsperücke getrimmt, die Kleidung um ihren verlebten Körper herum würde sie selbst wahrscheinlich schrill nennen und das Gesicht samt Make-up legt den Verdacht nahe, dass sie sich seit über hundert Jahren auf dem Kriegspfad befindet.
Ich frage mich, welchem von beiden Typen meine Verabredung äußerlich wohl eher ähneln wird. Beide Optionen geben mir ein mulmiges Gefühl. Am Telefon wirkte die Frau freundlich und eloquent. Etwas zudringlich vielleicht und ein wenig verrückt, aber half mir das nicht zuletzt dabei meine eigenen Fehler beim ersten Gespräch zu vergessen? Und ihr wahrscheinlich auch. Aber wie sieht sie aus? Mir fehlt jede Vorstellung.
Das Spazierengehen tut mir gut. Mein ruhiges Schlendern gönnt mir einen seichten kühlenden Gegenwind. Ich spüre quasi die Verdunstungskälte der trocknenden Schweißränder meines Hemdes, während ich den nördlichen Teil des Parks durchstreife. Nach einer Weile, fällt mir auf, dass ich dort nur noch von Pärchen und Familien umgeben bin, während auf der südlichen Seite, auf der ich gewartet hatte, vorwiegend alleinstehend wirkende Personen auf den Wegen und Wiesen liefen und lagerten. Es kommt mir so vor als hätte ich beim Überqueren der Brücke eine Art Reservat verlassen und wäre nun in die Welt der Kuppler und erfolgreich Verkuppelten eingetreten. Keiner beachtet mich hier. Auf der anderen Seite tat das zwar auch keiner, wie es sich für öffentlichen Berliner Raum gehört. Doch hier bin ich frei. Ein Freier unter Unfreien. Ich genieße hier eine viel reinere Form der Anonymität. Ist das meine letzte Bastion der Unabhängigkeit? Wenn es denn sein muss, so werde ich auch dieses Joch ertragen, wenn es mir nur mein erforderliches Quantum an Selbstachtung sichert.
Ich betrete meine Wohnung, öffne meine Schuhe und schüttele sie ausgelassen von den Füßen. Das Jackett fliegt aufs Fernsehsofa. Dann fällt mein Blick auf das Telefon. Keine neue Nachricht auf dem Anrufbeantworter, keine Frage wo ich bleibe oder ob ich einen Unfall hatte, kein Blinken am Apparat, das wenigstens einen versuchten Anruf signalisieren würde. Meine Stimmung sinkt. Diese Gisela hat es wirklich raus, einen Narren aus mir zu machen.
Ich ziehe den Zettel mit ihrer Telefonnummer aus der Hosentasche, schaue drauf und erblicke meine Notiz von vorhin. Nein, denke ich. Der Tod wäre echt noch zu gut für Harald. Ich werde ihn zur Strafe einfach am Leben lassen.
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Blind Date
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 13.02.2009 09:38von Joame Plebis • | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Nanu? Ich habe doch meinen langen Kommentar unter Word geschrieben, hier hereingeschrieben und kontrolliert. Wie kann der weg sein? Es war eine dreiviertel Stunde Arbeit.
Arbeitet das Programm selbständig oder träume ich.
Tut mir leid, ich kann mir das nicht erklären.
Nochmals will ich mir die viele Arbeit nicht machen.
Ich wies darauf hin und begründete, warum es mir gefällt.
Schrieb Beispiele für die vielen 'man' in den ersten Zeilen,
um sie zu verhindern, daß der Dialog gelungen ist und humorvoll. Ach, mir fällt die ganze Seite nicht ein, die ich schrieb, wohlüberlegt, sogar mittels Vorschau angesehen.
Ich bin perplex und kann mir nicht erklären was passiert ist. Tut mir leid, GerateWohl! In allen temporären Verzeichnissen sah ich schon nach, ob ich davon noch Überreste erblicke, doch dem war nicht so. Äußerst bedauerlich und ärgerlich. Ich kapiere das nicht, habe ja erweiterte Optionen benützt und Zitate von Dir eingefügt, diese dann kontrolliert. Irgend etwas muß hier geschehen sein.
Nur kurz kann ich nochmals das Thema loben, das Ansätze zu Tiefgang hat. Gegen Schluß fragte ich mich, ob nicht eine Verkürzung und Abschluß in Betracht zu ziehen wäre nach
Zitat: |
wenn es mir nur mein erforderliches Quantum an Selbstachtung sichert. |
Mit Gruß (verwirrt und verwundert)
Joame
Blind Date
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 13.02.2009 11:02von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
natürlich trauere ich jetzt auch Deinem Kommentar hinterher, da Deine Hinweise in dem vorliegenden Kommentar recht gut sind. Ich habe mich gleich um die MANs gekümmert. So ist es jetzt, denke ich, viel besser.
Mit dem Schluss bini ich auch noch nicht so ganz grün. Die von Dir vorgeschlagene Stelle für den Schnitt ist interessant gewählt und überdenkenswert. Ich lasse mir das mal durch den Kopf gehen.
Im Moment ist mein Gefühl bei dem Text noch, bei allem Mut zur Vielfältigkeit, dass der zwar einpaar nette Ansätze enthält, aber sehr unrund ist. Aber vielleicht muss sich das Ding auch erstmal ein wenig setzen.
Grüße und danke,
GerateWohl
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Blind Date
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 13.02.2009 13:59von Joame Plebis • | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Zitat: |
Darin besteht der Trick, mit dem man geködert wird, woraufhin man an einem öffentlichen Ort, einem Café oder einem Park, auf eine Begegnung wartet, mit der man sich offenen Auges ins Witzbuch des Lebens hinein schreibt. Nur weil man eine Fangfrage bejaht hat. |
Mir fällt ein, dazu schrieb ich von der Rhetorik, wo sogenannte 'offene und halboffne Fragen' behandelt werden. Wie man es anstellt, der Übelegene zu bleiben, den anderen in die gewünschte Richtung lenkt. Zwar muß dazu kein Kurs oder Studium abgeschlossen sein, gute Beobachtung und Überlegungen mit einiger Übung, lassen Talentierte meisterlich auf dem Gebiete werden.
Ein nachdenkenswertes Thema, das Du hineingeflochten hast. Auch der Dialog ist stellenweise besonders gut gelungen, die Typen dadurch gut erkennbar. So ähnliche Dialoge mußte ich auch schon führen; bin ich froh, daß nicht nur ich die Art anderer oft eigenartig fand.
Viele kleine stilistische Fehlerchen glaube ich zu sehen, Stellen, an denen ausführlicher beschrieben werden könnte, es aber nicht geschieht, da ja nicht an einem Buch gearbeitet wird. Obwohl es den Erzählstil aufweist, wie er dabei vorherrschen könnte. Begebenheiten, Rückblicke, Einfälle aneinandergereiht; so füllen sich Seiten, ohne daß aber dabei der Eindruck entstünde, es handelt sich um einen krampfartigen oder gewollten Quantitätszuwachs.
Es liegt Dir, so zu schreiben, wie es hier beispielweise vorliegt, zugleich bin ich verwundert, wie es sein kann und Du bisher noch kein Buch geschrieben hast.
Stelle ein Thema ein, laß es uns gemeinsam schreiben, wenn es früher in besseren Zeiten schon mißlang, das Forum dazu zu gewinnen, eine Gemeinschaftsproduktion zu schaffen.
Du kannst ruhig schon beginnen, indem Du einen Faden eröffnest, beginnst, ich weiterschreibe, dann wieder Du. Würde Dich das interessieren?
Gruß
Joame
Blind Date
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 13.02.2009 16:27von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Du schmeichelst mir.
Ich muss sagen, dass ich an diese Gruppenkettenschreiberei nicht wirklich glaube. Ich habe damit auch noch keine wirklich guten Erfahrungen gemacht. Aber es spricht ja nichts dagegen, so etwas zu versuchen.
Dann fang mal an.
Grüße,
GerateWohl
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Blind Date
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 13.02.2009 16:40von Joame Plebis • | 3.690 Beiträge | 3826 Punkte
Ich kann zwar anfangen, aber werde nicht Deinen Ton treffen, überhaupt jetzt nicht, wo ich mich mit Netbanking gerade geärgert habe.
Jetzt bin ich fuchsteufelswild. Viel Zeit habe ich heute schon diesem Monitor und der Tastatur gewidmet.
Vor lauter Selbstbeweihräucherung und Anbieten von einmaligen Produkten, finde ich nicht zur Stelle,
wo ich eine einfache klitzekleine Überweisung zur Bezahlung meiner Tintenpatrone unterbringe.
Das scheint mir so gewollt zu sein...
ach so geht das nicht, ich meine hier nicht! Ich springe in den entsprechenden Faden.
(Unter 'Offene Tür' habe ich etwas schwach gestartet. Du kannst es löschen, ändern,
vielleicht fortsetzen, später den Anfang wegnehmen, einfach ganz nach Belieben.)
Gruß
Joame
RE: Blind Date
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 31.03.2009 12:18von Brotnic2um • Mitglied | 645 Beiträge | 645 Punkte
Hallo Geratewohl.
Vorab muss ich zusammenfassen:
Norbert Stangel und Gisela Blum – Blumenstengel? Zusammen ein Ganzes, alleine nur die Hälfte und nichts Richtiges? – werden von ihren Freunden zu einem Blind Date verkuppelt. Die Geschichte erzählst Du aus Norberts Sicht. Norbert reflektiert sein Junggesellentum, sein Alleinsein, das Beisammensein der Anderen oder wie er sie nennt: der Kuppler.
Gleich am Anfang wird klar: das Blind Date ist nichts geworden, es muss in einer Katastrophe geendet haben. Wobei Formulierungen Norberts, dass er offenen Auges in eine Katastrophe gegangen sei, sich als Witzfigur gefühlt habe und bevor er Gisela getroffen hat, den Initiator umbringen müsse, nahelegen, dass Norbert nicht erst durch den Ablauf des Blind Dates seine negative Haltung gewonnen hat, sondern von vornherein solchen Dates nichts abgewinnen kann. Er hat nur nicht Nein sagen können.
Unterbrochen wird diese Handlung oder Norberts Reflexion über die Liebe und Blind Dates, von zwei Telefonaten, die für den Leser blind ablaufen, weil außer den Dialogen nichts beschrieben wird. Wie bei einem Telefongespräch hören wir nur die Stimmen. Das erste Gespräch endet in einer Katastrophe, das zweite, von Gisela initiiert, führt dann zum Treffen Es war also nicht der Freund, wie Norbert stur behauptet, dem er das Treffen zu verdanken hat. Und ein Blind Date war es nach den Telefongesprächen auch nicht mehr. Ähnlich wie die beiden Damen, die Norbert am Ende entgegenkommen, sind die beiden eingebauten Gespräche negativ und positiv und scheinen mir wieder die Fünfzig-fünfzig Chance auf ein gutes Blind Date zu reflektieren.
Gewinnen ist aber die richtige Formulierung, denn Norbert riskiert nichts. Selbst bei einer guten Chance, die ihm – am Ende der Geschichte - auch noch äußerlich vorgeführt wird, zieht er den Schwanz ein und verdrückt sich. Am Ende sieht er seine vorgefassten Meinungen nur bestätigt.
Soweit mein Verständnis der Geschichte und ihres Aufbaus.
Die Stelle an der Norbert sich aufschreibt, dass er Manfred umbringen will und mit einem Ausrufezeichen vermerkt, damit er sich das ja merke, ist in meinen Augen sehr komisch und ich war an dem Punkt noch darauf eingestellt, dass ich eine Kurzgeschichte serviert bekomme, die Slapstickartige Kapriolen schlägt. Dann entpuppte sich Norbert als fünfzig, der Ton wurde gesetzter und ich war irgendwie überrascht das so alte Säcke so locker über Blind Dates reden. Aufgrund der Wortwahl war Norbert in meiner Vorstellung um einiges jünger und Manfred umzubringen und in einem selbstironischen Tonfall mit einem Ausrufezeichen zu versehen, machte es mir schwer mich dann in diesen verbitterten, älteren Mann wieder hineinzudenken. Das kann jetzt an meinen falschen, unbegründeten Erwartungshaltungen liegen, oder aber die Figur ist nicht stimmig.
Die gleiche Unstimmigkeit empfinde ich beim Ende wegen meiner Erwartungshaltung, dass eine Katastrophe passieren müsse. Wo war die denn, fragte ich mich am Ende. Natürlich ist die Katastrophe passiert – im ersten Telefonat – aber ich erwartete noch mal eine weitere, größere, deutlichere Katastrophe dieser Art. Natürlich war das der falschen Erwartung geschuldet – Slapstick, Satire, Kapriolen – die ich aus dem Text zu Beginn herausgelesen haben wollte. Aber das Ende hinterließ mich doch sehr unschlüssig und ich musste mir erst über diese Zusammenfassung und Interpretation – deshalb die Länge des Kommentars- ein Bild von Handlung und Struktur machen. Zunächst hatte ich mir nur am Kopf gekratzt und gefragt, ob ich was verpasst hätte. Hatte ich auch. Aber – es mögen andere kommen und mir widersprechen – ich glaube, dass der Norbert mich mehr überzeugt hätte, wenn er nicht Manfred umbringen, sondern so was unkomisches wie : Zur Rede stellen geschrieben hätte und es dann mit einem Ausrufezeichen versehen hätte.
Norbert ist mir nicht ätzend, nicht menschenfeindlich genug. Das muss sich nicht mit der gekünstelten Überhöflichkeit dieses Knilches beißen. Im Telefonat überzeugt er mich daher. Die zweimalige Wiederholung, dass er Fünfzig sei – schon wieder Fünfzig – fand ich sehr gut und sein Wutanfall am Ende passte auch.
Hingegen seine Gedanken von Freundeskreis bis Seit einiger Zeit wird alles anders fand ich eher fad. Die brachten mich der Person nicht wirklich näher. Erst als er sagt: Ich bin ein Exot, da gewinnt der Text für mich wieder, von da an wird Norbert für mich wieder konkreter, greifbarer. Möglich, dass ich einer Überzeichnung, einer Comicfigur das Wort rede, aber so wie er in diesem Blind Date dargestellt wird, ist er mir zu blass. Die Stelle wo er sich vergewissert wie sein Date heißt, finde ich zwar passend, aber nicht das: Ah, gut dass ich nachschaue Vor allem, wenn er vorher noch abschätzig denkt: „Griselda, oder wie die heißt.“ In seinen Gedanken sollte Norbert keine Scheu haben.
Nur noch eines, weil ich an dem Absatz wo Norbert seine Abneigung gegen Fangragen formuliert, lange rumgebrezelt habe ein Vorschlag zur Änderung:
Die Leute könnten auch an einem Dienstag fragen ob heute Dienstag sei oder vor einer Blinddarmoperation fragen, ob man eine Betäubung wolle. Fragen, die garantiert mit „Ja, ich will“ beantwortet werden müssen. Darin besteht der Trick, mit dem man geködert wird, woraufhin man an einem öffentlichen Ort, einem Café oder einem Park, auf eine Begegnung wartet, mit der man sich offenen Auges ins Witzbuch des Lebens hinein schreibt. Nur weil man eine Fangfrage bejaht hat; nur weil niemand, die Frage: „Möchtest du eine Verabredung arrangiert bekommen, mit einer wildfremden, einsamen Freundin eines entfernten Bekannten von uns?“ aus gutem Grund so nicht stellt. Die sich wie selbstverständlich daran anschließenden Neins hätten schon längst dazu geführt, dass der demütigende Brauch des Blind Dates ausgestorben wäre.
Hoffentlich kannst Du was mit meinen Gedanken anfangen ;)
Gruß
Brot
RE: Blind Date
in Kurzgeschichten, Erzählungen, Novellen und Dramen. 31.03.2009 13:05von GerateWohl • Mitglied | 2.015 Beiträge | 2015 Punkte
Hallo Brot,
Deine Gedanken sind wieder mal sehr hilfreich und legen die von mir schon erahnten Schwächen des Textes dar.
Nur bzgl. der Jugendlichkeit des Protagonisten bin ich anderer Meinung, zumindest unschlüssig. Die Frage habe ich mir nämlich auch gestellt. Kam aber zu dem Ergebnis, dass ich ja nun so weit auch nicht mehr von dem Alter entfernt bin bzw. dass es sich hier ja um einen 50-jährigen eingefleischten Junggesellen handelt, dem ich somit eine gewisse Jugendlichkeit zugestehen wollte.
Die Charakterisierung von Norbert war mir eigentlich sehr wichtig, obwohl er sich im Laufe des Schreibens schon geschärft hat, woraufhin ich den Text nochmal völlig betriebsblind durchgekämmt habe und somit in die von Dir beschriebenen Fallen getappt bin.
Man merkt offensichtlich auch, dass mir anfangs nach Slapstik zumute war, im Laufe der Geschichte mich der Charakter und die Welt von Norbert mehr interessierte, so dass das Ding jetzt zu einem schiefen Flickenteppich geworden ist. :(
Aber wenigsten scheinen meine spärlichen eingebauten Schmunzler ja funktioniert zu haben. Wenigstens etwas. :)
Viele Grüße und danke nochmal,
GW
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